Im Jahr 1999 sorgte ein zunächst unscheinbar wirkender Film für Aufsehen: Blair Witch Project. Mit der verwackelten Kameraführung aus der Egoperspektive unterschied er sich deutlich von millionenschweren Produktionen aus Hollywood und zog wahrscheinlich gerade deshalb das Publikum in seinen Bann.
Die Handlung dreht sich um drei angeblich verschwundene Studenten: Diese seien im Jahr 1994 in den Wäldern von Maryland verschwunden und Opfer einer dort herumspukenden Hexe geworden. Das von den Studenten angefertigte Filmmaterial, das zufällig gefunden worden sei, stellt den Film dar.
Die Ende der 1990er-Jahre rasch wachsende Internetgemeinde mutmaßte bald, dass es sich bei dem Streifen um keine Fiktion, sondern eine Dokumentation handelte. Wir haben für dich den jahrzehntealten Mythos noch einmal genau unter die Lupe genommen und beantworten dir die Frage, ob in den Wäldern Marylands tatsächlich eine Hexe lebt.
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Was hat es mit dem Film um die Blair Witch auf sich?
Das Blair Witch Project, so der vollständige Name des Films, dreht sich um die Studenten Heather Donahue, Michael Williams und Josh Leonard. Zu Beginn des Streifens planen sie eine Reise nach Burkittsville, Maryland, um die dortige Umgebung zu erkunden. Der Hintergrund der Expedition ist der Mythos um die Hexe von Blair.
Um die Nachforschungen lückenlos zu dokumentieren, nehmen die Studenten eine Kamera mit. Im ersten Abschnitt des Films befragen sie die Einwohner des Ortes nach der Blair Witch und erhalten widersprüchliche Antworten: Einige Bewohner der kleinen Stadt halten die Geschichte für Unsinn, während andere von gruseligen Ereignissen berichten.
Eine ältere Dame erzählt gar, die mysteriöse Hexe vor vielen Jahren mit eigenen Augen gesehen zu haben. Weitere Befragte berichten, dass vor einiger Zeit sieben Kinder unter ungeklärten Umständen ums Leben gekommen seien. Heather stellt bei ihren Nachforschungen fest, dass ein Mann namens Rustin Parr für die Morde verantwortlich war, die er im Rahmen eines schaurigen Rituals begangen hat.
Nachdem sie die Befragungen abgeschlossen haben, begeben sich die Studenten in den Wald. Zwei Angler warnen davor, diesen tiefer zu erkunden, doch die jungen Leute missachten den Ratschlag. Der Wald entpuppt sich als ungeahnt ausgedehnt, sodass eine vollständige Expedition innerhalb eines Tages nicht möglich ist.
Die Studenten beschließen deshalb, ein Zelt aufzuschlagen und die Nacht in der Wildnis zu verbringen. Während des Schlafs erschrecken sie durch seltsame Geräusche, deren Quelle Heather, Josh und Michael nicht orten können.
Am nächsten Tag wollen die drei jungen Leute zu ihrem Auto zurückkehren. Schon bald hat Heather Schwierigkeiten, sich zu orientieren, auch die Karte hilft ihr nicht weiter. Sie irren den ganzen Tag lang umher, machen sich gegenseitig Vorwürfe und sind schließlich gezwungen, eine weitere Nacht im Wald zu verbringen.
Diesmal beschränkt es sich nicht nur auf seltsame Geräusche: Die drei Studenten vernehmen unheimliche Laute, die wie das Weinen von Kindern klingen. Panik bricht aus. Zudem überkommt die unfreiwilligen Camper das unheimliche Gefühl, dass sich etwas in ihrer unmittelbaren Nähe befindet, sie beobachtet und um das Zelt herumschleicht.
Als die Studenten nach einer kurzen und unruhigen Nacht aufwachen, stellen sie fest, dass jemand mehrere Steinhaufen neben dem Schlafplatz aufgetürmt hat. Sie ergreifen panisch die Flucht, können dem Wald jedoch nicht entkommen. Sie irren mehrere Tage umher, bis sie eine Lichtung erreichen. An den Ästen der dortigen Bäume hängen merkwürdige Figuren, die jemand aus Garn und Zweigen angefertigt hat.
In den Nächten nehmen derweil die beängstigenden auditiven Wahrnehmungen zu, die mysteriösen Kinderschreie dringen den drei Studenten inzwischen durch Mark und Bein. Als das Zelt ohne erkennbaren Grund wackelt, ergreifen sie die Flucht und fallen schließlich vor Erschöpfung im Freien in den Schlaf.
Am Tag darauf fehlt von Josh jede Spur. Heather und Michael suchen ohne Erfolg nach ihm. Als die beiden in der folgenden Nacht schlafen, hören sie grausige Schmerzensschreie, die von Josh zu stammen scheinen. Obwohl sie versuchen, den Schreien zu folgen, können sie den jungen Mann nicht finden, sodass sie frustriert und verängstigt zu ihrem Zelt zurückkehren.
Am nächsten Morgen entdeckt Heather ein blutgetränktes Bündel, in dem sich einzelne Zähne und Finger befinden, die von Josh stammen. Sie verheimlicht Michael den Fund. Beide wissen, dass es kein Entkommen aus dem Wald gibt und erleiden einen nervlichen Zusammenbruch.
Die nächste Nacht bricht herein, die Stimmung ist zunehmend angespannt. Als sie erneute Schreie von Josh hören, gelingt es Heather und Michael, die Quelle zu lokalisieren – ein kleines Haus, das sich inmitten des Waldes befindet. In diesem Gebäude ist es den beiden Studenten abermals nicht möglich, den Ursprung der Schmerzensschreie zu finden.
Als Michael mit der Kamera den Keller betritt, ist ein Schlag zu hören und die Aufnahme bricht ab. Jetzt ist noch Heather zu sehen, die nach ihrem Freund sucht. Als sie im Keller ankommt, steht dieser mit dem Gesicht zu einer der Kellerwände. In der letzten Einstellung sieht der Zuschauer, wie Heathers Kamera zu Boden fällt.
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Wie entstand die Legende um die Hexe von Blair?
Für eine Weile hielt sich das Gerücht, dass es sich bei dem Film tatsächlich um authentische Dokumentaraufnahmen handelte. Bald stellte sich heraus, dass den Filmstudenten Eduardo Sánchez und Daniel Myrick ein cleverer Marketinggag gelungen war. Sie beauftragten drei aufstrebende Nachwuchsschauspieler damit, mit mehreren Kameras in die Wildnis zu ziehen und ihre Handlungen dort zu filmen.
Das Resultat waren verwackelte und dadurch authentische Filmaufnahmen, die den Eindruck vermittelten, dass der spätere Film im Stil des „Found Footage“ gehalten sei. Dieser Begriff bezeichnet Aufnahmen von verschollenen oder verstorbenen Personen, deren Schicksal bislang unbekannt war und durch diese Bildaufnahmen nun enthüllt werden kann.
Myrick und Sánchez hatten ihren Plan gründlich durchdacht: Sie ließen ihre Schauspieler tatsächlich in der Wildnis campen und beschränkten sogar ihre Nahrungszufuhr, um die wachsende Verzweiflung authentischer darzustellen.
Die Regisseure verzichteten auf ein Skript, sodass die Darsteller sämtliche Dialoge improvisierten. Sánchez und Myrick blieben per Walkie-Talkie mit den Schauspielern in Kontakt und gaben grobe Handlungsanweisungen.
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Die Blair Witch und das Internet
Erst das Internet machte die Hexe von Blair zu einer Legende. Zur Erinnerung: Der Film entstand im Jahr 1999, einer Zeit, in der sich Nutzer mit Modems ins Netz einwählten, die dabei seltsame Geräusche von sich gaben.
Heute leben wir in einer digitalen Welt, in der ein Großteil der Informationen auf keiner faktischen Grundlage basiert. Die meisten modernen Nutzer wissen dies und begegnen Videos und Bildern unklarer Herkunft mit einer gesunden Skepsis. 1999 war dies anders: Myrick und Sánchez hatten bereits ein Jahr vor der Filmpremiere eine Website erstellt, die den Mythos um die Blair Witch thematisierte.
Besucher fanden auf der Seite Zeugenberichte, fiktive Interviews und sogar eine frei erfundene Geschichte um einen Serienmörder, der angeblich im Auftrag der bösen Hexe gemordet hatte.
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Der Mythos um die Blair Witch – die richtige Idee zur richtigen Zeit
Das Erfolgsrezept des Films ließe sich im zweiten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts kaum wiederholen. Würdest du ein Schauermärchen erfinden und selbst produziertes Filmmaterial als „Found Footage“ darstellen wollen, würden die meisten Internetnutzer der heutigen Zeit allenfalls müde lächeln.
Im Jahr 1999 war dies anders: Sánchez und Myrick hatten das Potenzial ihrer Idee früh erkannt und ihre Website mit einiger Vorlaufzeit online gestellt, um den selbst kreierten Mythos viral gehen und authentisch wirken zu lassen. Der unserer Ansicht nach verdiente Lohn für so viel Kreativität: Bei Produktionskosten in Höhe von 60.000 Dollar spielte der Film um die Blair Witch sagenhafte 248 Millionen Dollar ein – dies ist ein wahrhaft magischer Return on Investment.
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- https://www.gamepro.de/artikel/blair-witch-hintergrund,3348432.html
- https://de.wikipedia.org/wiki/Blair_Witch_Project
Bilder: Blair Witch Project, Joe Berlinger, Bill Carraro