Klar würde ein Hindu nur verdutzt den Kopf schütteln, wenn er einen verrückten Deutschen morgens Ostereier suchend sehen würde. Im Gegensatz dazu mag manch Deutscher weinen, wenn er Kühe verehren und nicht essen dürfte. Eier suchen und Kühe anbeten ist allerdings nur die Spitze vom Eisberg. Diese fünf nonkonformistischen Osterbräuche lassen dir die Kinnlade runterklappen.
Spanien – Das Trommelfell
Calanda mag im toten Winkel aller nordeuropäischen Augen liegen, doch ist es keineswegs von Gott verlassen. Denn ab Karfreitag findet hier wohl die größte christliche Trommelorgie der Welt statt. Mehr als 1.500 Trommler huldigen synchron dem Gottvater und Jesus, indem sie über 24 Stunden lang die Pauke schlagen. Dies ist kein Tag für schlafbedürftige Menschen oder die, die es sein wollen.
Spanien – Die Züchtigung
Die Laienbruderschaft Cofradía de la Santa Veracruz aus San Vicente, auch unter dem Namen Picasos bekannt, führen seit dem 18. Jahrhundert jedes Ostern einen Ritus vor. Die religiösen Mitglieder symbolisieren mit einem Marsch den Weg zum Kreuz Jesus und schlagen währenddessen mit einer Peitsche auf ihren nackten Rücken. Mit weißen Gewändern und blutigen Rücken gehen die Gläubigen ihren Weg und zahlen den uralten Sold. Danach gibt es dann ein nettes Kaffeekränzchen und guten Wein gegen den Schmerz.
Italien – Der Juden-Teufel
San Fratello zählt etwa 11.000 Einwohner. Zwischen Schafbauern, Wein- uns Obstbauten trifft man an Ostern den Teufel tanzend auf der Straße. Kettengerassel, Topfschlagen und eine monotone musikalische Begleitung leisten dem Juden-Teufel Gesellschaft. Warum der symbolische Jude ein Teufelsgewand trägt, wissen wohl nur noch die Alten im Dorf, dennoch ist es ein unbeschreiblich buntes Schauspiel, wenn die Rotmaskierten die Straße bevölkern.
Philippinen – Die Kreuzigung
Selbstgeißelung gibt es wohlgemerkt auch in San Vicente, doch mit einer echten Kreuzigung können nur die Menschen auf den Philippinen in San Fernando dienen. Ein blutiges Ritual, bei dem sich Katholiken acht Zentimeter lange Stahlnägel durch ihre Hände und jagen lassen, um anschließend der schaulustigen Masse als Leidensgenossen Jesus und vielleicht dem einen der zwei Verbrecher Dysmas und Gestas zu dienen.
New York – Buntes Amerika
1950 hätte sich wohl deine Familie mit persisch trächtiger Sonntagskleidung rausgeputzt und wäre fromm wie eine Horde Lämmer um die Häuser gezogen. 50 Jahre später laufen gigantische Ostereierköpfe, Blumenkopfgesteckmenschen und federtragende sexy Honigbienen durch die Straßen. Keine Gewalt oder Teufelsmasken, sondern Stadtpioniere, Schnuckis mit Muckis, Schicksen mit Stelzen und Heros mit Herz rocken an den Feiertagen ihre Hometown. Quasi das genaue Gegenteil von San Vicente.
Jetzt versuche mal all diesen Gläubigern zu erklären, dass wir Tage im Voraus Eier bunt anmalen, um diese von unseren Eltern am nächsten Morgen verstecken zu lassen.
Fotos: Mitchell Funk; Dondi Tawatao / Freier Fotograf; NOEL CELIS / Staff; maxshutter; csakisti; Oscar Galvan Felez;