An Bahnhof Südkreuz in Berlin wird eine neue Software getestet, die durch Gesichtserkennung direkt erkennen soll, wer den Bahnhof betritt. Momentan ist der Test noch für Freiwillige, mit Pfeilen und Schildern ist markiert, wie man die Kameras umgehen kann. Wir haben uns gefragt, ob dies wirklich der Sicherheit dient oder ob es ein weiterer Schritt in Richtung Überwachungsstaat ist. Deswegen erklären wir dir, was es genau mit diesem Pilot-Projekt auf sich hat.
Insgesamt gibt es 300 Testpersonen, die sich freiwillig gemeldet haben, um die neue Software zu testen. Momentan wird sie nur an einem Bahnhof in Berlin angewendet. Insgesamt will das Bundesinnenministerium die Software ein halbes Jahr testen, ob die Gesichter der Personen wirklich automatisch erkannt werden können. Die Software soll die Arbeit der Polizei erleichtern, die ein immer größer werdendes Personalproblem hat. Natürlich trifft so eine Software auf viel Kritik von Datenschützern, die davor warnen, dass wir uns immer mehr in die Richtung eines Überwachungsstaates bewegen.
Das stärkste Argument der Behörden ist, dass sie Straftaten schon im Vorfeld verhindern wollen, indem sie sogenannte „Gefährder“ schon im Voraus erkennen. Dies ist natürlich eine Reaktion auf die Anschläge, die momentan in der Welt und auch in Deutschland vonstattengehen. Allerdings wirft auch diese Begründung Fragen auf. Denn auch wenn man potentielle Straftäter frühzeitig erkennt, kann man nicht handeln, solange sie nicht zur Fahndung ausgeschrieben sind. Laut des Vorsitzenden des Deutschen Anwaltvereins gibt es momentan keine Rechtsgrundlage, die so eine Gesichtserkennung an öffentlichen Plätzen erlaubt. In Deutschland werden zurzeit circa 900 Bahnhöfe mit mehr als 6.000 Kameras überwacht.
Verletzung des Datenschutzes?
Beim Test in Berlin sollen die Aufnahmen von zufällig gefilmten Personen wieder gelöscht werden. Wenn du dennoch nicht von den Kameras erfasst werden möchtest, musst du dich an den weißen Pfeilen auf dem Boden orientieren. Datenschützer haben Bedenken, dass diese Art der Überwachung dazu führen kann, dass die Bevölkerung eingeschüchtert wird, da die Anonymität beim Bewegen in öffentlichen Räumen nicht mehr möglich wäre. Ebenso wird durch die Technik eine starke soziale Kontrolle auf die Menschen ausgeübt. Linke Politiker argumentieren, dass diese Technik zwar schon lange in London genutzt wird, sie allerdings nicht dabei geholfen hat, Anschläge zu vereiteln oder das Sicherheitslevel zu verstärken.
Da der Test rechtlich abgesichert ist, lassen sich die Behörden von solchen Anmerkungen allerdings nicht stören. Sie bereiten sogar schon eine zweite Testreihe vor, in der es darum geht, auffällige Verhaltensmuster frühzeitig zu entdecken. Dabei kann es sich beispielsweise um verdächtige Gepäckstücke oder um eine Person handeln, die hilflos am Boden liegt.
Ein wirklich gutes Gefühl haben wir bei dem Wissen, dass die Behörden genau verfolgen können, wo wir uns aufhalten, natürlich nicht. Wir werden die weitere Entwicklung des Einsatzes von Gesichtserkennungssoftware in der Öffentlichkeit im Auge behalten.
Foto: Von Dreizung – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Link