Am 16. November erschien Marks neues Album „Liebe“, welches, so Mark, sein bestes Album ist. Der Weg dorthin war hart, denn er musste sich auf einen Weg begeben, den er inhaltlich nicht kannte und es fiel ihm schwerer, als bei seinen drei Alben zuvor. Dennoch hat er es geschafft und ist nur zurecht stolz auf das, was seine Fans jetzt von ihm zu hören bekommen, denn es passt stilistisch perfekt in die aktuelle deutsche Popmusik-Welt. 2015 haben wir Mark das letzte Mal besucht und haben uns natürlich sehr gefreut, dass er Zeit gefunden hat, sich jetzt mit uns zu treffen. Ob die Lieder seiner neuen Platte die nächsten logischen Schritte als Antwort auf seine bisherige Karriere waren, verrät er uns im Interview und auch, auf was sich seine Fans freuen können und ob 2019 eine Tour durch Deutschland stattfinden wird.
Als wir dich 2015 das letzte Mal interviewen durften, sagtest du auf die Frage, wie sehr beschäftigt du gerade bist: „Ich stehe irgendwie im Auge des Sturms, da ist es meistens gar nicht so windig“. Wie sieht’s fast vier Jahre später aus?
Es ist heute eine vollkommen andere Situation. Damals ging es mit „Au revoir“ gerade los und da hatte ich zum ersten Mal ein Lied, was jeder kannte und da gab es zum ersten Mal in meinem Leben so eine richtige Nachfrage. Früher musste ich immer fragen, ob ich hier und da spielen darf und auf einmal wollten Leute, dass wir irgendwo sind um zu spielen. Dieses Jahr wollte ich in aller Ruhe eine Platte machen und habe kein einziges Konzert gespielt. Und trotzdem ist es das vollste Jahr überhaupt geworden. Begründet natürlich durch die Tatsache, dass das neue Album so aufwendig geworden ist. Ich war sehr viel auf Reisen und habe hart daran gearbeitet. Ich fühle mich also aktuell beschäftigt (lacht).
Am 16. November erschien dein neues Album „Liebe“. Ist es so gefühlvoll, wie der Albumtitel und die erste Auskopplung „Einmal“ vermuten lassen?
„Liebe“ ist natürlich ein gefährlicher Albumtitel. Es könnte fast ein Albumtitel von Andrea Berg oder Helene Fischer sein. Der Titel „Liebe“ soll aber gar nicht bedeuten, dass da nur Love-Songs drauf sind, sondern dass es vielmehr die vergangenen zwei bis drei Jahre spiegelt. So ist es bei mir immer gewesen. Beim Album „Karton“ war es noch so, dass ich dachte: „Cool, ich kann ne Platte machen“. Bei „Bauch und Kopf“ hatte ich eine harte Phase, wo ich bereits dachte, dass es mein Abschied sei, da ich der Meinung war, dass sich niemand für mich interessiert. Deshalb gab es auch das Lied „Au Revoir“. Ich fühlte mich missverstanden und war echt in einer komischen melancholischen Phase. Aber genau dieses Lied hat funktioniert, weil es einfach sehr echt war. Das war einfach ich. Das Album „Tape“ war bunt und froh, begründet durch den Erfolg, der auf einmal über mich hereingebrochen ist. Zu dieser Zeit war ich unglaublich fröhlich, glücklich und euphorisch und so klingt auch das Album. „Liebe“ ist auf jeden Fall sehr selbstreflektierend. Da geht es viel um mich und wie ich mich fühle und wie die Leute um mich herum sich fühlen. Da geht es um die Liebe zu meiner Familie, zu meinen Freunden, um die Liebe zu den Leuten, die in unmittelbarer Nähe um mich herum sind und die Liebe zum Leben an sich und zu mir. Genau dafür steht das Album. Es ist nicht traurig, aber es ist auch nicht quietschig.
Du schreibst deine Texte immer selbst. Aber in welche Stimmung musst du dich begeben, damit dir die Songs von der Hand gehen?
Ich brauche einfach Fokus. Ich bin eher so ein systematischer Strebertyp. Wenn ich das eine Album abgeschlossen habe, dann mache ich auf meinem Handy eine Notiz mit der Überschrift: „Thema Album 4.“ Dann fange ich an zu sammeln und schreibe alles auf, von dem ich das Gefühl habe, dass es ein tolles Wort oder ein cooles Thema sein könnte. Und am Ende habe ich um die zweihundert Themen. Dann fahre ich meistens weg – irgendwo hin, wo die Sonne scheint und wo ich auf einer Terrasse rumstehen kann. Ich schreibe immer mit Leuten zusammen, die zum Beispiel Gitarre spielen können oder besser Klavier spielen können als ich, einfach um ein bisschen „Ping Pong“ zu haben. Dann laufe ich auf dieser Terrasse auf und ab und schaue diese Liste durch und wenn ich ein Thema finde, das zu der Musik passt, die da gerade entsteht, dann sprudelt es irgendwie so aus mir heraus. Aber hierfür benötige ich Fokus. Ich muss wegfahren und ich muss mit jemandem in einem Raum sein und Konzentration haben, die ich zuhause nicht habe.
Dein neues Album „Liebe“ entstand in London, Florenz, Entebbe (Uganda) und Berlin. Wie das und wieso diese vier Städte?
Berlin ist natürlich meine Basis und hier ist unser Studio. Zu Florenz kann ich sagen, dass ich einen Ort gesucht habe, wo man sich ein paar Monate aufhalten kann, wo das Wetter gut ist und wo ich nicht oft war. In den letzten Jahren war ich viel in Spanien und dieses Mal hatten wir Bock auf Italien. Hier haben wir uns bei einem Oliven-Bauer eingemietet und haben dort viel am Album gearbeitet. Zu London gibt’s zu sagen, dass ich schon jahrelang mit Rosie Danvers zusammenarbeite, die die Streicher für mich arrangiert. Sie ist die krasseste Streichersektion der Welt. Sie macht zum Beispiel alles für Adele und für Kanye West.
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Der Refrain von „Einmal“ wird vom berühmtesten afrikanischen Kinderchor „African Children´s Choir“ gesungen. Wie kam es zu dieser sagenhaften Idee?
Der African Children´s Choir ist ein sehr berühmter Chor, den es seit den 80er Jahren gibt. Es gibt auch einen Film auf Netflix, der heißt: „Imba Means Sing“ und den habe ich geschaut. Ich habe zuhause gechillt, den Film geschaut und hatte lustigerweise schon das ein oder andere Demo mit einem Kinderchor. Ich habe ja eine Liebe für Chöre und habe auf dem letzten Album mit den Harlem Gospel Singers gearbeitet. Ich finde, wenn viele Leute gleichzeitig gut gemeinsam singen, dass dann „the Lord in the room“ kommt (lacht). Da passiert dann etwas Gutes und das liebe ich einfach. Ich habe also diese Doku gesehen und dachte mir, da ich eh in Südafrika bin, dass ich mal dort anrufe. Das hat direkt geklappt und es war ein riesiger Aufwand. Angefangen bei den Impfungen. Bis man in Uganda mal angekommen ist, um dort zu arbeiten, muss man echt aufwendige Sachen erledigen. Dieser Chor hat eine Akademie am größten See der Welt, dem Viktoria Lake. Kinder aus den Slums können sich dort bewerben und wenn sie gut genug sind, werden sie aufgenommen, arbeiten ein Jahr lang ein Programm aus und gehen dann ein Jahr lang auf Welttournee. Die Einnahmen der Tournee finanzieren die Schulbildung des gesamten Chors. Hierdurch können Slum-Kids einen Abschluss machen und gehen danach studieren. Wenn sie fertig mit dem Studium sind, gehen sie zurück in die Akademie und bringen den neuen Kindern das Singen bei.
Warst du beim Einsingen des Refrains dabei? Die Kids singen „nur“ ein Wort auf Deutsch, war es schwierig, das zu schaffen?
Auf der Platte singen sie bei ein paar Songs mit. Meistens solche „A-“, „O-“ und „I-“ Laute und bei „Einmal“ sollten sie das Wort „Einmal“ singen. Da hatte ich anfangs auch etwas Sorge, ob das geht, denn in Uganda spricht man nur Luganda und Englisch. Ich hatte damals die Erfahrung mit den Harlem Gospel Singers in New York gemacht, die ich „Willkommen zurück“ singen lassen wollte. Wir haben zwei Stunden versucht, denen das beizubringen. In Uganda habe ich den Kindern das Wort vorgesungen und es war direkt perfekt. Kinder sind, soweit ich das beurteilen kann, einfach sehr schnell bei so etwas. Die hören etwas und singen es einfach nach.
Was war das für ein Gefühl? Gänsehaut?
Unfassbare Gänsehaut. Ebenso bei Streichern oder einem Orchester. Was aber bei einem Kinderchor das Krasse ist, ist das es so etwas pures Gutes hat, wenn Kinder Musik machen. Bei uns Erwachsenen passiert irgendwann etwas Komisches: Wir schämen uns fürs Tanzen und fürs Singen, aber Kinder lieben es. Wir lieben das auch, aber aus irgendeinem Grund schämen wir uns. Völlig bescheuert. Denn obwohl dies jeder kann und liebt, machen wir es irgendwann nicht mehr. Achtjährige Kids machen es einfach. Und wenn die dann noch das Lied und den Beat mögen, obwohl sie den Text nicht verstehen, dann ist es einfach irrsinnig rührend.
„Nicht immer, wenn ein großer Moment vorbei ist, weiß ich auch gleich: Mann, das kommt nie mehr so“. Diese Textpassage stammt aus deinem neuen Song „Einmal“. Was ist denn dein beruflich schönster Moment, an den du immer mal wieder zurückdenkst und weißt, dass das vielleicht eine einmalige Sache war?
Ich bin jemand, der beruflich sehr viel Glück hatte. Hier einen einzigen Moment rauszunehmen ist super schwer. Ich kann mich noch an mein erstes großes Festival „Bochum total“ erinnern, als 30.000 Leute den Refrain von „Au Revoir“ mitgesungen haben. Das war schon ein unglaublicher Moment. Und vier Jahre später haben wir in den Abby Road Studios gearbeitet, wo die Beatles damals auch waren und ich bin echt der größte Beatles-Fan. Hier wurden alle ihre Platten eingespielt und auch ich durfte hier den Song „Kogong“ einspielen. Das sind immer wieder solche Highlights, die toll sind. Auch in Uganda zu stehen, so weit weg von zuhause und mit so einem großartigen Chor Musik zu machen, ist unfassbar für mich. Beim Song „Einmal“ geht es ein bisschen darum, dass man viele Momente nur einmal zum ersten Mal erlebt und währenddessen schätzt man es vielleicht nicht hoch genug ein, weil man so in diesem Moment gefangen ist. Aber wenn man danach darüber nachdenkt, dann fällt einem auf, wie sagenhaft dieser Augenblick eigentlich war.
Du bist seit Jahren mit deiner Musik sehr erfolgreich. 2012 Gold für „Karton“ und zweimal Doppelplatin 2014 und 2016 für „Bauch und Kopf“, sowie für „Tape“. Bist du aufgeregt, was dein Release von „Liebe“ angeht und ob es wieder so sensationell angenommen wird? Oder bist du da sehr entspannt und denkst dir: Es kommt, wie es kommen soll?
Ich bin ja ein optimistischer Dude. Ich habe keine Angst vor Misserfolg, bin aber auch nicht süchtig nach Erfolg. Ich freue mich, wenn es viele Leute hören und mögen, aber ich kann es nicht beeinflussen. Nur während der Entstehung kann ich maximal aufrichtig sein und mir große Mühe geben, etwas zu erschaffen, was ich auch gut finden würde. Das ist alles, was ich tun kann. Ich mache es mit voller Liebe und bin glücklich darüber, dass ich das tun kann.
Du selbst hast es ganz ohne Castingshows geschafft. Diese Shows sind heute beinahe nicht mehr wegzudenken und füllen ganze Nächte im TV. Würdest du sagen, dass es auf Grund dessen und der Masse an Talenten heute schwerer ist, einen erfolgreichen Fuß in die Musikindustrie zu setzen?
Nein, finde ich nicht. Ich bin ja bei „The Voice Kids“ und „The Voice Of Germany“ und es ist echt so, dass die Talente, die da teilnehmen, wissen, dass ein Auftritt hier keine Abkürzung zum Ruhm ist. Es ist für viele ein Einstieg. Es ist mehrfach bewiesen, dass wenn man bei The Voice teilgenommen hat und dies nutzt, um in der Musikwelt seinen Platz zu finden, man es vielleicht ein paar Jahre später zum Erfolg schafft. Das hat zum Beispiel Max Giesinger bewiesen. Vielleicht wird man bei und nach der Show nicht direkt zum Star, aber wenn man dranbleibt, dann kann das schon etwas werden. Man muss die Teilnahme hier als etwas verbuchen, was es ist, nämlich eine sehr gute Erfahrung und eine gute Schule. Man wird ordentlich gecoacht, man bekommt professionelles Feedback und das kann ein perfekter Einstieg sein. Für mich war es damals anders. Wir sind in Proberäume und ich habe mit meinen Kumpels einfach Musik gemacht. Unterm Strich sind beide Wege gleich geil – Hauptsache man macht Musik und kann sich austoben.
Was ist dein Ratschlag an Menschen, die denselben Traum vom Singen haben wie du und gerade ganz am Anfang stehen?
Wenn man Liederschreiber werden will, dann muss man Lieder schreiben und wenn man Sänger werden will, dann muss man singen. Meistens ist es so, dass wenn man das oft macht, man besser wird und näher an sein Ziel rückt.
Wird es 2019 eine Tour geben?
Auf jeden Fall. Wir gehen zuerst auf eine kleine Clubtour, die bereits nach einer Stunde ausverkauft war. Dann auf eine große Arenen-Tour ab März, wo viele Termine ebenfalls ausverkauft sind und im Sommer auf eine ausgedehnte Festival-Tour. Ich habe 2018 kein einziges Konzert gespielt, 2019 lassen wir es richtig krachen.
Vielen Dank für das tolle Interview, viel Erfolg für dein neues Album „Liebe“ und Au Revoir, lieber Mark.
Fotos: Jens Koch; AJOURE´ Redaktion
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