AjoureLifestylePeopleBei uns im Interview: Hip-Hop-Produzent Swizz Beatz

Bei uns im Interview: Hip-Hop-Produzent Swizz Beatz


Ende Juni fand in Berlin das internationale Kunst- und Musik-Event „No Commission“ statt, das von dem amerikanischen Rapper und Hip Hop-Produzenten Swizz Beatz gemeinsam mit Bacardi ins Leben gerufen wurde und dessen Gewinne aus den Kunstverkäufen zu 100 % an die Künstler gehen. Anlässlich dessen trafen wir Swizz Beatz, der im Übrigen mit Alicia Keys verheiratet ist, zu Beginn des dreitägigen Events im schönen Hotel Zoo zum Interview, um mit ihm über seine Leidenschaft zur Kunst und über sein Herzensprojekt „No Commission“ zu reden und darüber, wie wichtig es ist, Künstler zu unterstützen.



Ajouré:
Du bist der Leiter des kreativen, globalen Marketings von Bacardi, wie genau kam es dazu?


Swizz:
Angefangen hat das mit einer Partnerschaft zwischen mir und Bacardi mit dem ersten „No Commission“-Event. Wir haben in Miami gestartet, ich hatte schon länger den Plan für das Event und wollte es eigentlich alleine machen. Ich habe damals noch nicht verstanden, wie Marken und Künstler zusammenarbeiten können, da die Marken meistens zu viel von dem Künstler verlangen, was nicht zu „No Commission“ passt. Doch Bacardi ging die Sache anders an. Sie haben einen kreativen Marketingleiter, der verstanden hat, was die Künstler für ihre Arbeit bekommen sollten. Also haben wir die erste Veranstaltung zusammen gemacht. Da diese unglaublich gut ankam und eine neue Zielgruppe für Bacardi ansprach, fragte er mich nach der Veranstaltung, ob ich der Leiter des globalen, kreativen Marketings werden will.

 
Swizz Beatz


Ajouré:
„No Commission“ ist ein reisendes Kunst-Event, welches etablierten und neuen Künstlern eine Bühne gibt, ohne Profit für die Veranstalter auszuzahlen. Wie kamst du zu der Idee?


Swizz:
Das Thema beschäftigt mich natürlich auch, weil ich selber ein Künstler bin – außerdem kaufe und sammle ich Kunst. Dadurch war ich bei vielen künstlerischen Events und mir ist aufgefallen, dass die Organisatoren, die Käufer und die Galerien Gewinn machen, nur der Künstler muss sehen, wo er bleibt. Als Künstler konnte ich das nicht einfach ignorieren. Also wollte ich mir ein Konzept ausdenken, welches den Künstler befreit. Es kommt oft vor, dass Künstler erst fünf Monate, nachdem ihr Werk verkauft wurde, bezahlt werden. Viele Künstler können von ihrer Arbeit kaum leben, obwohl sie alles für ihre Kunst geben. Bei „No Commission“ haben wir eine Drei-Tage-Politik, der Künstler erhält sein Geld also spätestens nach drei Tagen.



Ajouré:
Was genau ist das Konzept des Events?


Swizz:
Im Grunde genommen geht es darum, die Kunst und die Kreativität zu feiern. Deswegen ist auch die Musik ein Teil des Events. Das Event ist von den Künstlern, für die Künstler und mit den Menschen. Dies ist das Motto, weil ich denke, dass Künstler sich untereinander helfen sollten. Künstler sollten untereinander nichts für ihre Arbeit bezahlen. Bei „No Commission“ sollen auch die Besucher genau das fühlen. Sie sollten kostenlos reinkommen, um sich die Kunst anzugucken und die Auftritte zu genießen. Die ausgestellten Stücke sollen ein bisschen weniger kosten, da die Künstler keine Ausgaben haben. Ich möchte außerdem die Leute zum Reden bringen. Die Menschen kommen normalerweise zu einem Event, aber reden nicht miteinander, jeder ist in seiner eigenen Zone, dabei teilen wir alle unsere Liebe zur Kunst.



Ajouré:
Welche Art von Kunst kann man bei „No Commission“ sehen?



Swizz:
Viele Leute bezeichnen es als Street Art, ich persönlich kategorisiere Kunst nicht in Schubladen. Es gibt Künstler jeder Art, aus verschiedenen Teilen der Welt, die mit vielen unterschiedlichen Materialien und Medien arbeiten. Wir haben beispielsweise einen Künstler, der sich mit Flüchtlingen beschäftigt hat, er arbeitet beispielweise mit Sand und angespülten Dingen, um die Flüchtlingskrise zu symbolisieren. Es gibt viele aussagekräftige Stücke. Die Show ist sehr vollgepackt, denn manche Künstler wollen diese Chance übereifrig nutzen. Dann kommt man in einen Raum und wird von Kunst erschlagen, ohne dass man sie wirklich verdauen kann. Deswegen gibt es bei unserem Event klare Linien und Abschnitte, damit man sich mit jedem Ausstellungsstück auseinandersetzen kann.

 
Swizz Beatz


Ajouré:
Was denkst du über Berlin und seine Kunst-Szene?


Swizz:
Wenn ich an Berlin denke, schweifen meine Gedanken nicht nur zur Kunst-Szene, sondern zur Kultur-Szene allgemein. Berlin ist mittlerweile ein Sammelzentrum und ich liebe es, so viele Menschen aus verschiedenen Teilen der Welt zu sehen. Es iwar schwer, Berliner Künstler für die Show zu finden, denn alle Studios, die wir besucht hatten, waren voll mit Künstlern aus der ganzen Welt. Ich mag es, dass Berlin den Künstlern eine Fläche gibt – die Miete beispielsweise ist vergleichsweise günstig, auch wenn sie ein bisschen ansteigt. Berlin gibt Künstlern einen Platz zum Leben.



Ajouré:
Weißt du schon, in welchen Städten „No Commission“ als nächstes stattfinden soll?


Swizz:
Nach Berlin gehen wir zurück nach Miami, wo alles begann, um wieder ein wenig Präsenz in den Staaten zu haben. Nach Miami haben wir Dubai im Sinn, danach Brasilien und dann Afrika. Wenn wir das hinter uns haben, waren wir auf allen Kontinenten der Welt. Danach können wir uns neue Dinge überlegen.



Ajouré:
Was für eine Rolle spielt Kunst in deinem Leben?


Swizz:
Die Rolle, die Kunst in meinem Leben spielt, ist, dass die Kunst mein Leben ist.



Ajouré:
Wann hat sich diese Liebe zur Kunst bei dir entwickelt?


Swizz:
Kunst verstanden habe ich garantiert erst, als ich schon ein bisschen älter war. Aber ich war schon früh an Kunst interessiert. Ich bin in der South Bronx aufgewachsen, und wenn ich rausgegangen bin, konnte ich überall Kunst sehen. Es ist ähnlich wie Berlin heutzutage mit den unglaublich gestalteten Wänden. Genau so war die South Bronx, wo Hip-Hop entstanden ist und wo viele Graffiti-Künstler entdeckt wurden. Wenn ich also aufgewacht bin und rausging, wurde ich immer mit Kunst konfrontiert. Ich habe so eine natürliche Liebe zur Kunst aufgebaut, auch wenn ich die Kunst an sich noch nicht wirklich verstanden hatte. Ich dachte nur: das ist etwas, was jeder macht. Später habe ich angefangen, Kunst als Ausdrucksform zu verstehen. Mein Blick zur Kunst hat sich verändert und meine Liebe verstärkt.

 
Swizz Beatz


Ajouré:
Was ist dein Lieblings-Kunstwerk?


Swizz:
Das ist eine sehr schwere Frage. Der Grund dafür ist, dass wir mittlerweile weltweit agieren und hunderttausende Künstler in meinem Netzwerk sind, wovon jeder etwas Großartiges hat. Das letzte Stück, was ich gekauft habe, ist von der Künstlerin Nina Canell. Sie reist gerade um die Welt, und es ist ein neun Meter großes Kunstwerk, das ich in ihrer Ausstellung gekauft habe. Das Lustige daran ist: Ich kann das Stück bis 2019 nicht bekommen. Es ist gerade auf Reise und braucht noch eine ganze Weile, bis es bei mir ankommt.



Ajouré:
Kaufst du die Kunstwerke, um sie bei dir zu Hause auszustellen oder hat das einen anderen Grund?


Swizz:
Die Bilder kommen in meine Dean Collection, das ist eine Art Kunst-Museum für meine Kinder. Ich kam auf „No Commission“, weil ich nur Kunstwerke von lebenden Künstlern kaufe. Ich bin der Meinung, dass es sehr wichtig ist, lebende Künstler zu unterstützen, da sie mit dem Geld wirklich etwas anfangen können und man noch weitere Kunstwerke von ihnen zu sehen bekommt. Wenn ich Stücke gekauft habe, habe ich diese auf meinem Instagram-Account gepostet. Ich wurde dann von den Künstlern angerufen, die sich bei mir bedankt haben. Es ist zwar normal sich zu bedanken, aber die Künstler wurden plötzlich von Galerien angesprochen und haben mehr Aufträge bekommen. Da habe ich realisiert, dass es nicht nur etwas Gutes ist, was ich für meine Kinder mache, ich helfe auch den Künstlern und gebe ihnen eine Plattform, um sich zu präsentieren. Während ich dann in Harvard war, wo ich dieses Jahr meinen Abschluss gemacht habe, habe ich das Konzept von „No Commission“ ausgearbeitet. Denn ich wollte meine Möglichkeiten nutzen, um anderen Leuten zu helfen. Es hat also mit einer persönlichen Kollektion gestartet, die ich dann genutzt habe, um die Karrieren von anderen Künstlern zu ermöglichen.

 
Swizz Beatz


Ajouré:
Du hilfst neuen Künstlern, aber wie kann man diesen Künstlern allgemein helfen und Menschen für Kunst sensibilisieren?


Swizz:
Viele Leute, die sich mit Kunst beschäftigen, haben Angst, dass sie keinen Zugriff zur Kunst-Szene bekommen, dass sie den Start nicht schaffen und nicht akzeptiert werden. Bei „No Commision“, auch wenn es eine sehr große Show ist, mit sehr großen Namen, aber auch mit unbekannten Künstlern, handelt es sich um eine Show mit großer Qualität. Man kann dort aber trotzdem ein Kunstwerk von einem ausgezeichneten Künstler für 50 Dollar kaufen. Wenn du als Neuling in die Kunstszene kommst und anfängst zu sammeln, kannst du locker starten. Man muss die Konversation zwischen Künstler, Kunst und Kunstsammler starten und da kommt „No Comission“ ins Spiel.



Ajouré:
Was ist dein Tipp für junge Leute, die gerne in die Kunst-Szene wollen, aber Angst haben, dass sie davon nicht leben können?


Swizz:
Wir sind dabei das zu ändern. Ich arbeite an einer Technologie, die bald erscheinen sollte, die den Künstler wirklich befreit. Abgesehen davon ist es wichtig, dass du über das Business Bescheid weißt. Viele Künstler beschäftigen sich nur mit dem kreativen Part. Wenn sie allerdings den geschäftlichen Part besser kennen würden, wären sie auch besser vorbereitet und könnten ihre künstlerische Laufbahn, beziehungsweise Reise, strukturierter planen. Der kreative Part sind zwar 90 Prozent, wenn du dir aber dessen bewusst bist, dass du Kunst zu deiner Arbeit machen willst, musst du dich mit den geschäftlichen Teilen auseinandersetzen. Du musst wissen, wie man Stücke verkauft, den Preis bestimmt und wie man sie den Leuten präsentiert. Künstler haben beispielsweise keine Honorare auf ihre Werke. Sie verkaufen ihr Bild vielleicht für 5.000 Dollar und im Laufe der Zeit wird es immer wieder verkauft und der Wert steigert sich, bis es irgendwann für 1.000.000 Dollar über den Tisch geht. Der eigentliche Erschaffer des Bildes hat aber trotzdem nur 5.000 Dollar an dem Bild verdient. Ich bin der Meinung, dass Künstler immer eine Beteiligung an dem Gewinn haben sollten, den andere Leute aus ihrem Kunstwerk beziehen. Genau daran arbeite ich gerade.



Ajouré:
Was hast du als nächstes geplant?


Swizz:
Da sind viele Dinge. Es gibt mehrere Marken, mit denen ich zusammenarbeiten möchte. Beispielsweise mit Bally, mit denen ich eine Kollektion rausbringe, denn ich bin auch ein großer Fan von Mode. Außerdem arbeite ich noch mit Zenith zusammen, dem Schweizer Uhren-Hersteller. Dann erscheint auch noch mein neues Album, welches mein erstes seit zehn Jahren ist. Meine Pläne nehmen also nicht wirklich ein Ende.

 
Swizz Beatz

 
Fink – All cried out Cover von Alison Moyet

Fink – All cried out Cover von Alison Moyet


Fotos: Bacardi

Ajouré MEN Redaktion
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