Musik ist wohl eines der einflussreichsten Dinge unseres Lebens. Insbesondere wenn es Songs sind, die uns emotional berühren. Doch umso faszinierender ist es, wenn man dazu noch einen Künstler findet, der mit Leib und Seele hinter seinen Werken steht. Die Rede ist vom Berliner Sänger Fetsum!
Das Treffen mit Fetsum war durchaus mehr als ein normales Interview. Der Berliner Sänger schaffte es, uns mit seiner Einstellung zu seinem Leben in der Musikwelt zu begeistern und zeigte uns wie viel positive Energie hinter einem Musiker stecken kann. Deshalb freuen wir uns umso mehr auf ein bestimmtes Herzensprojekt von Fetsum! Die Rede ist vom „Peace X Peace“ Festival, dessen komplette Einnahmen zu Gunsten von Kindern in Kriegsgebieten kommen soll.
Wir wissen von dir, dass du erst mit 20 Jahren angefangen hast zu singen und mit 34 Jahren kam dein erstes Album. Ein Spätstarter sozusagen. Wie kam es dazu, dass du dich fürs Singen entschieden hast?
Ich glaube, das Bedürfnis zu singen hat schon immer in mir geschlummert. Tatsächlich habe ich mich mit 20, 21 Jahren dann erst getraut zu rappen. Zu der Zeit war deutscher Hip-Hop in Stuttgart ziemlich angesagt und dementsprechend groß war auch die Community – daher war es auch relativ leicht da einzusteigen. Nach drei, vier Jahren, in denen mich Freunde auch immer ermutigt haben zu singen, dachte ich, ich werde es jetzt einfach mal versuchen. Damals war es aber noch eine Band aus Stuttgart namens Manumatei, bestehend aus zwei Brüdern, mit denen ich zusammen gearbeitet habe und wir dann auch relativ schnell auf Tour gegangen sind. Ich habe gemerkt, dass es genau mein Ding ist, aber man viel Arbeit reinstecken muss und es nichts ist, was man mal eben so nebenbei macht.
Du stehst kurz davor, dass deine Vision wahr wird und dass das von dir ins Leben gerufene Festival Peace X Peace am 5. Juni in Berlin auf der Waldbühne stattfindet. Wie groß ist deine Aufregung und wie viel Stress hast du im Moment?
Es ist positiver Stress. Ich bin auf eine gesunde Art und Weise auch aufgeregt, aber nicht, weil ich denke, da könnte noch etwas schiefgehen, sondern eher vor Freude. Vor 15 Monaten haben wir den Entschluss gefasst, dieses Konzert mit genau dieser Idee so zu veranstalten. Jeder, der schon einmal ein Konzert besucht hat, kann sich vorstellen, wie groß der Aufwand ist. Es ist eine Benefiz-Geschichte und Benefiz hat eh immer schon so einen komischen Anklang. Aber jetzt geht es endlich los. Der Vorverkauf läuft unglaublich gut, nach drei Wochen sind wir jetzt schon bei 75 Prozent verkaufter Tickets, dabei hat die eigentliche Werbung noch gar nicht begonnen. Von daher können wir relativ beruhigt auf den 5. Juni schauen. Jetzt wünsche ich mir einfach nur noch, dass es ein tolles Event wird und sich alle freuen – sowohl die Besucher, als auch die Bands – und wir ein hohes Spendenziel erreichen, womit wir die Projekte unterstützen können, die wir zusammen mit UNICEF ausgesucht haben.
Was hat dich dazu bewegt, so eine Veranstaltung ins Leben zu rufen?
Dass ich dafür besondere Antenne habe, ist bei mir auch etwas biografisch bedingt. Im Oktober 2013 waren die „Left to Die“-Ereignisse vor Lampedusa, wo innerhalb von einer Woche 800 Menschen im Mittelmeer ertrunken sind – davon waren 147 Kinder. Das war eine sehr präsente Geschichte und es hat mir das Herz zerrissen – nicht, weil es nicht schon vorher oder danach die ganze Zeit weiter passiert ist, sondern es war einfach ein Moment, in dem ich gesagt habe: „Hey, das waren wir. Das war meine Familie vor 30 Jahren.“ Mir ist dabei klargeworden, wie viel Glück wir dabei hatten. Ich weiß wie wichtig es ist, wie man behandelt wird, wenn man als Mensch irgendwo ankommt. Die, denen geholfen wurde, werden ewig dankbar sein und es 200 Prozent zurückgeben. Wenn man dieses Glück nicht hat, wächst man vielleicht in dem Glauben auf, dass man der Welt egal ist. Und ich glaube, es ist das Schlimmste, weitere Generationen aufwachsen zu sehen, die denken, sie seien der Welt egal. Das ist immer gefundenes Fressen für Demagogen und andere Scharlatane. Ich dachte deshalb, wer wenn nicht ich muss sich dazu äußern und versuchen andere dazu bewegen – und nicht darauf warten, dass sich jemand darum kümmert, denn am Ende des Tages geht es uns allen immer so: Wir sehen irgendetwas im Fernsehen und es bewegt uns, aber am nächsten Tag klingelt der Wecker und der Alltag beginnt wieder. Mir war klar, dass es ein Wahnsinn wird, aber so bin ich auch an die Sache herangegangen – ich habe alle wahnsinnig gemacht, die ich für das Projekt angesprochen habe und ich habe ihnen klargemacht, dass das Event stattfinden muss. So gesehen ist meine eigene Biografie, da ich selber ein Flüchtlingskind war, Grundlage für das Benefiz-Konzert.
Was erwartet uns auf diesem Festival?
Es erwartet uns großartige Musik, tolle Beiträge von Künstlern, selbst der regierende Bürgermeister hat sich jetzt angemeldet und will ein Grußwort sprechen, aber auch zur Mitmenschlichkeit – worüber wir uns sehr freuen. Mal schauen, mit welchen Talk-Gästen wir sonst noch aufwarten können. Ich würde mich natürlich freuen, wenn Christian Schneider, der Geschäftsführer von UNICEF Deutschland, da sein wird. Ansonsten kann man sich auf Bands und Künstler wie Seeed, Beatsteaks, Cro, Max Herre, Aloe Blacc, Namika, Afrob, Megaloh, MoTrip und meine Wenigkeit freuen. Wir werden einfach gemeinsam einen schönen Tag verbringen und Features untereinander machen – also Dinge, die man so vielleicht nicht auf einem normalen Festival sieht. Wir werden zum Beispiel einen Song zusammen mit den Beatsteaks und Seeed machen – als Hommage an Prince. Eben lauter Sachen, bei denen die Zuschauer sagen können: „Das ist etwas sehr Besonderes!“
Für alle, die nicht auf diesem großartigen Festival mit dabei sein können, wird es danach was davon auf die Ohren geben?
Das Konzert wird erst einmal online im Stream auf ARTE übertragen und zwei bis drei Wochen später gibt es dann auch im TV auf ARTE einen Zusammenschnitt. Eine Zusammenfassung in Form von einer CD oder Sonstigem wird es erst einmal nicht geben.
Foto: Laura Seiler
Deine Songs haben alle einen tiefen Hintergrund und es steckt immer eine unglaubliche Message dahinter. Woher kommen deine Inspirationen dafür?
Wie du vorhin schon angesprochen hast, habe ich erst spät mit dem Musizieren angefangen. Eigentlich wollte ich immer Arzt werden oder etwas machen, was letztendlich gesellschaftlich zu einer größeren Sache beiträgt. Als ich mich dann für die Musik entschieden habe und auch meinen Werdegang gefunden habe, war für mich klar, dass ich nicht nur einfach so Musik machen kann. Das hat einen tieferen Beweggrund und ich muss dem auch Raum geben. Auf Grund meiner Biografie und der Tatsache, dass ich eigentlich aus Eritrea komme, aber in Kairo geboren wurde und erst in Rom aufgewachsen bin, ehe ich nach Deutschland kam, war klar, dass das keine Standard-Biografie ist – sie macht mich aber auch nicht zu jemand Besonderem. Aber ich dachte mir, ich möchte wenigstens die Geschichten und Emotionen, die mich einfach seit Jahren begleiten, teilen – auch in einer Message, die weit über mich hinausgeht. Das ist eigentlich die komplette Basis für meine Musik.
Bist du glücklich?
Ich bin sehr glücklich, weil ich meinen Bedürfnissen nachgehen darf – versteh mich hier nicht falsch, denn das zu begreifen hat lange gedauert. Ich bin froh, dass ich am Ende des Tages immer auf mein Bauchgefühl gehört habe und auch den untypischen Weg gegangen bin. Ich habe mich für die Kunst, mit all ihren Schwierigkeiten, die sie so mit sich bringt, als Ausdrucksform entschieden – aber der Reward ist auch einfach so groß und ich fühle mich heute privilegiert. Wenn ich darüber nachdenke, wo mein Leben begonnen hat und was ich heute tun darf – und in Folge dessen international reisen und die unterschiedlichsten Menschen treffen darf – dann ist das einfach das pure Glück. Außerdem bin ich auch noch Vater eines wundervollen, fünfjährigen Jungen. Eigentlich gibt es nichts, was ich nicht habe.
Du bist ja Papa – Was ist das Wichtigste, was du deinem Sohn mit auf dem Weg geben möchtest?
Dass er sich selbst und seinem Gefühl vertraut. Dass er weiß, dass er immer zu 1000 Prozent auf seine Mutter und seinen Vater zählen kann. Dass er mutig ist und, ganz wichtig, einfach seiner Intuition folgt.
Was sind deine Wünsche und Träume? Welchen Wunsch möchtest du dir privat unbedingt erfüllen?
Wie gesagt, im Moment bin ich eigentlich wunschlos glücklich. Das merke ich auch Tag für Tag – es zählt das Jetzt. Natürlich haben wir Träume und so naiv es auch klingen mag: Ich wünsche mir wirklich Frieden auf der Welt. Und ich würde mir wünschen, dass die Menschen auf ein nächstes Awareness-Level kommen und man sich nicht mehr nach der Oberfläche beurteilt. Außerdem wünsche ich mir, dass eine gewisse Freiheit nicht nur in 10 Prozent der Welt gelebt werden kann, sondern sich weiter ausbreitet.
Abschließend natürlich eine Frage für deine Fans und die Zukunft – Dein Album „Colour of Hope“ erschien 2012, also vor 4 Jahren und ist eine unglaublich tolle Platte. Dürfen wir in naher Zukunft auf weitere Alben von dir hoffen?
Absolut! Eigentlich hätte es auch schon 2015 erscheinen sollen. Jetzt wird es aber wahrscheinlich Ende 2016/Anfang 2017 erscheinen. Seit zwei Jahren arbeite ich bereits an dem Album und durfte dafür mit großen Künstlern in Deutschland, England und Amerika zusammenarbeiten. Wir haben schon ganz viele Lieder geschrieben und sind gerade im Aufnahme- und Auswahlprozess. Dazu muss ich aber sagen, dass ich durch die Organisation des Festivals, das wahnsinnig viel Zeit in Anspruch nimmt, zeitlich jetzt etwas zurückliege. Aber so viel kann ich schon verraten: In naher Zukunft kommt mein zweites Album raus und ich freue mich jetzt schon, die Musik mit allen teilen zu dürfen.
Vielen Dank für deine Zeit und alles Gute auf eurem/deinem bevorstehenden Festival!
Foto: Soul im Hafen
Titelfoto: AJOURE´ Redaktion