AjoureLifestyleDaniel Donskoy: Der Schauspieler und Musiker im Interview

Daniel Donskoy: Der Schauspieler und Musiker im Interview

Wenn jemand eine spannende Story zu erzählen hat, dann wohl auf jeden Fall Daniel Donskoy. In Russland kam er auf die Welt, lebte in Berlin und später in Israel, studierte in London Schauspiel, kann singen und spielt zudem Gitarre und Klavier. Im kommenden Kinofilm „Crescendo“ spielt er die jugendliche Hauptrolle und auf Spotify und Co feiert er aktuell das Erscheinen seiner ersten EP „Didn´t I Say So“. Eigentlich hatte er die Musik schon an den Nagel gehängt, doch Daniel ist hartnäckig und weiß, wie man Ziele erreicht. Wie er es schaffte, seine neue EP ganz ohne Unterstützung eines Labels am Markt zu platzieren, was er in Berlin nach wie vor liebt und was man lernt, wenn man schon in jungen Jahren durch die Weltgeschichte zieht, verriet er uns in einem kleinen Berliner Kaffee.

Deine Debüt-Single „Cry by the River“ erschien am 25. Januar, nun erscheint deine erste EP „Didn‘t I say so“. Bist du aufgeregt?

Ja, auf jeden Fall. Es sind so viel erste Male, die aufeinanderfolgen. Die erste Single, die ersten Supports, die erste EP. Ich versuche es so gut es geht zu genießen und mit vollem Elan weiterzuarbeiten. Manchmal ist es aber so unglaublich, dann muss man sich kurz in die Realität zurückholen.

In der Kunst finde ich es schwer, aus den Erfahrungen anderer zu lernen. Man muss sich mit dem allen selbst aussetzen.

Mit einem Song kann ich in drei Minuten oder weniger eine ganze Geschichte erzählen. Eine persönliche Geschichte, denn ich erzähle immer aus meinem Leben, von meinen Erfahrungen und Gefühlen. Die Musik schreibe ich selbst – manchmal auch mit anderen Musikern zusammen.

Es ist ein ganz neues Terrain für mich. Also, ja, ich bin aufgeregt, motiviert und kann kaum erwarten, wohin die Reise geht.

„Didn’t I say so“ ist der Track, welcher der EP ihren Namen gegeben hat.

Die Geschichte dahinter ist folgende: Du gehst in eine Beziehung und weißt von vornherein, dass es nicht klappen wird, weil dein Gegenüber einfach nicht passt. Alle in deinem Umfeld raten dir davon ab und versuchen dir in dein Gewissen zu reden. Du machst es natürlich trotzdem, denn du bist davon überzeugt, dass du selbst am besten auf dich achtgeben kannst.

Dann ist plötzlich von heute auf morgen alles vorbei. Das ist der Moment, in dem dir alle sagen und du selbst dir auch eingestehen musst: „Ich hab’s dir doch gesagt!“ – nicht wirklich das, was man hören will in so einem Moment…


Wie viel Herzblut steckt in der EP? Wie kam es dazu und kommen die Texte alle von dir?

All mein Herzblut steckt hier drin. Ich wollte die Musik erst eigentlich nur für mich machen. Die Intention, damit auf den Markt zu gehen, hatte ich erstmal nicht. Als ich aber bei meiner ersten Talk-Show war, hat mich jemand von einer Plattenfirma angesprochen. Das war wie ein Zeichen, dass es losgehen musste. Ich bin sehr froh, einen Musik-Produzenten gefunden zu haben, der den Weg mit mir geht.

Es ist einfach das lebensbejahendste Gefühl, etwas zu visualisieren und es dann zu materialisieren. Das ist Teil der Magie beim Musik machen.

Genau dieses Unmittelbare ist das Faszinierende an dieser Musik. Ich habe eine Idee, schreibe es runter und ein Song kann in zehn Minuten entstehen. Ich konserviere quasi die Gefühle der Situation. Ich höre ganz viel Patti Smith, Billy Joel, Kate Bush. Das sind Menschen, die vor Jahren schon Musik geschrieben haben. Ich höre aber genau, was sie gespürt haben, als der Song geschrieben wurde. Und ich will genau dasselbe erreichen. Die Gefühlsmomente zu konservieren und sie für ein Publikum zugänglich zu machen, ist mein persönliches Ziel.

Hattest du einen Vocal-Coach oder konntest du einfach gut singen und hast es mit deiner Erfahrung beim Klavier spielen verbunden?

Ich habe während meines Studiums in London lange an meiner Stimme gearbeitet. Klar, ich hatte Coachings, aber die Lehrer können dir im Endeffekt nur die Methoden zeigen. Die Arbeit reinzustecken, auszuprobieren und zu lernen, was für einen funktioniert, muss man dann selbst.

Du finanzierst deine Musik alleine, ganz ohne Label. Welcher Grund steckt dahinter?

Ich will gerade einfach mein Ding durchziehen. Die Musik ist mein Baby. Zuallererst wollte ich vor allem herausfinden, wo mein musikalischer Weg ist, was der Style ist, der auf natürliche Art und Weise beim Schreiben und Jammen entsteht. Klar ist es verlockend, sofort zu einem Label zu gehen und tollen Support im Rücken zu haben. Irgendwann wird das bestimmt auch bei mir so sein.

Zurzeit genieße ich es, mich in meinem eigenen Tempo zu entwickeln und organisch stetig nach vorne zu gehen.

Das ist doch immer so im Leben, egal in welchem Beruf. Sobald du Geld bekommst, stehst du unter Erfolgsdruck. Solange es mein eigenes Geld ist, bin ich niemandem etwas schuldig. Rechenschaft schulde ich nur mir selbst, den Musikern und dem Produzenten, mit denen ich zusammenarbeite.

Ich baue mir gerade ein Umfeld auf – meine musikalische Familie – mit denen ich die nächsten Jahre arbeiten kann, dann eventuell auch mit Label. Und zwar mit Spaß.

Ab Herbst bist du auf Tour. Wohin geht’s, was erwartet dich und vor allem: Was dürfen deine Fans erwarten?

Was mich erwartet, weiß ich noch nicht, weil ich es noch nie gemacht habe. Dieses Jahr habe ich das erste Mal Support gespielt, das war schon krass. Vor einem halben Jahr habe ich noch hier in Berlin Straßenmusik gemacht und auf einmal stand ich da auf der Kölner Bühne und vor mir 1700 Köpfe. Das war ein unglaubliches Gefühl, das mir so viel Motivation und Kraft gegeben hat. Danach wollte ich nur noch eher auf die Tour. Sie verläuft kreuz und quer durch Deutschland. Das wird meine erste Clubtour. Diese kleine, intime Atmosphäre ist mir wichtig.

Was das Publikum erwartet, sind Abende mit geiler Energie, ganz viele neue Songs. Sie sind die ersten, die das Album dann auf Tour hören werden. Vor allen anderen, denn das Album kommt erst 2020.

Als ich noch auf der Straße gespielt habe, habe ich mich immer sehr gerne mit den Leuten über die Songs unterhalten. Dieser Austausch darf nicht verloren gehen. Jede Location und jedes Publikum sind anders.

Freitagabend in Berlin auf der Straße zu spielen ist geil. Die Leute sind meistens auf dem Weg in die Clubs und singen aus der Partylaune heraus gleich noch mit. Straßenpublikum ist das beste Testpublikum. So habe ich auch „gemessen“, welche Songs ich auf die EP nehmen möchte. Die Leute schulden dir nichts und sind ehrlich zu dir. Wenn ich nach einer ehrlichen Meinung frage, dann bekomme ich sie auch, weil sie keine Angst davor haben, etwas zu sagen, was mir vielleicht missfällt. Das ist in unserer Gesellschaft ein aktuelles Problem. Niemand will so richtig seine Meinung kundtun, aus der Angst heraus, dass man vielleicht anderen Menschen missfällt.

Du scheinst jemand zu sein, der es liebt, auf allen Hochzeiten gleichzeitig zu tanzen. Du bist Schauspieler, Musiker, hast autodidaktisch Gitarre spielen gelernt, Klavier schon im Alter von 5. Dazu bist du multilingual aufgewachsen und sprichst vier Sprachen. Was möchtest du mit dieser geballten Ladung an Können alles erreichen? Wo sind deine Träume?

Vielleicht hat das ein wenig von naiver Kindlichkeit, aber ich will mir einen Raum schaffen, in dem ich mich frei bewegen kann. Also dieses kreative Umfeld, was ich mir im Moment versuche zu schaffen. Ich liebe es, auf diesem Spielplatz spielen zu dürfen. Das hilft mir total, weil ich weiß, ich bin in der Branche angekommen, in der ich auch sein will. Davor habe ich Bio studiert, jeden Tag in der Uni gesessen und mir gedacht, dass das doch bitte nicht mein Leben sein kann.

Es ist nicht so leicht, mit 18 Jahren zu entscheiden, was du werden willst. Ich hatte in dem Alter sowas von keinen Plan vom Leben. Diese Fehlversuche haben mich aber dazu gebracht, zu verstehen, was ich will.

Daniel Donskoy Interview

Am 16. Januar 2020 startet der Kinofilm „Crescendo“, in dem du die jugendliche Hauptrolle spielst. Worum geht’s?

Es geht um die Entstehung eines israelisch-palästinensischen-Jugendorchesters. Grund dafür ist der Anstoß der Friedensverhandlungen zwischen Israel und Palästina in Südtirol. Es soll ein Orchester gegründet werden, welches nach Nationalitäten genau zur Hälfte aufgeteilt ist. Dieses Orchester soll bei der Eröffnung spielen und dann zu dem Bau der ersten Musikhochschule im Westjordan Land beitragen.

Es ist ein wahnsinnig wichtiger Film – er zeigt, dass man durch Musik Menschen dazu bringen kann, wieder miteinander zu sprechen. Dem Regisseur Dror Zahavi ist eine perfekte Analogie gelungen. Geigen statt Waffen und so ist unser Hashtag auch #MakeMusikNotWar.

Ich spiele Ron, einen ziemlich arroganten israelischen Violinisten, der unbedingt im Orchester die erste Geige spielen will. Er hat keinen wirklichen Respekt vor seinen palästinensischen Mitspielern. Im Film erfährt er eine Erweiterung seines Horizonts, hervorgerufen vom Dirigenten, gespielt vom herausragenden Peter Simonischek und seiner Konkurrentin Leyla – wahnsinnig gespielt von Sabrina Amali. Durch sie erhält Ron viele menschliche Erkenntnisse und muss permanent seine politische Meinung und Einstellung zum Israel-Palästina-Konflikt hinterfragen.

Ich habe den Film jetzt endlich zum ersten Mal gesehen und bin in meiner Meinung dahingehend nur bestärkt worden. Ich hoffe, sehr viele Menschen gehen ins Kino und geben dem Film auch die Chance, ihren Horizont zu erweitern.

Im Laufe des Films wächst diese Gruppe zusammen, weil sie losgelöst von der Politik ihre Musik zusammen machen.

Der Cast hat sich ebenfalls aus Hintergründen zusammengesetzt, die in politischer Hinsicht eher angespannt sind. Wir waren Moslems, Juden, Araber, Christen, aus so vielen verschiedenen Ländern und Hintergründen, aber wir sind zu einem echten Ensemble verwachsen. Wir haben uns nach dem Dreh nicht über Politik unterhalten, sondern zusammen Musik gemacht. Das hat echt Hoffnung gegeben, dass sich etwas ändern kann. Nicht durch die Politiker, denn das wird nie passieren, sondern durch die Menschen, die unter dem Konflikt leiden.


Wie bekommst du Musik, Serie, Film und Privatleben auf die Reihe? Und wo machst du deine Abstriche, um all das zu wuppen?

Das Privatleben kommt am ehesten zu kurz. Ich schaffe es nur ab und zu, die Familie zu sehen. Natürlich fehlt mir das, aber sie verstehen das auch. Mittlerweile haben wir es alle so akzeptiert, wie wir sind.

Für alles andere nimmt man sich die Zeit, in dem Moment, in dem man es braucht. Auch wenn ich meine Familie nicht permanent sehe, weiß ich, dass sie immer da sind.

Du hast eine aufregende Kindheit hinter dir. In Russland geboren, direkt danach kamen deine Eltern mit dir nach Berlin. Mit 12 Jahren bist du mit deiner Mutter nach Israel gezogen, wo du aufgewachsen bist, ehe du 2008 mit 18 Jahren zurück nach Berlin gekommen bist. Und 2011 ein Studium in London gestartet… Wie schwer sind dir diese Veränderungen als Kind gefallen und was sind die positiven Aspekte, die man dadurch mitnimmt?

Ich weiß noch, als mir meine Mutter das erste Mal gesagt hat, dass ich in zwei Tagen nicht mehr zur Schule muss. Zur Info: das war zwei Tage vor dem Ende der Sommerferien in der fünften Klasse. Zu Hause habe ich auf die Landkarte geschaut und überhaupt erst realisiert, wo Israel liegt.

Natürlich habe ich mich gefragt, warum wir überhaupt in dieses Land ziehen. Meine erste Unterrichtsstunde in Israel war Arabisch auf Hebräisch. Dann saß ich da als deutsches Kind. Rothaarig, mit Brille und moppelig. „Harry Potter from Germany“ wurde ich genannt.

Im Nachhinein betrachtet hat mich das extrem stark gemacht. Ich habe das große Privileg genossen, in verschiedensten Kulturkreisen aufzuwachen. Das ist ein riesen Geschenk.
Als Kind und Jugendlicher habe ich eine sehr gute Beobachtungsgabe entwickelt, die mir heute als Schauspieler natürlich extrem hilft. Die Sprachen spielen auch eine große Rolle. Hebräisch, Russisch und Englisch helfen mir beim Spielen und beim Schreiben.

Was muss für dich persönlich passieren, dass du sagst: Und jetzt habe ich alles erreicht. Wie glücklich bist du mit dem, was du tust?

Für mich gibt es das nicht. Es gibt immer etwas, mit dem man sich weiterbilden kann. Mich interessieren gesellschaftsrelevante Themen. Wie kann sich die Gesellschaft ändern und wie kann man diese Veränderung mit Kunst beeinflussen. Den Menschen einen Spiegel vorzuhalten. Theater hat sich in der griechischen Antike schon als stärkste sozialkritische Instanz bewährt. Natürlich geht es im Showbusiness auch um Unterhaltung, aber halt nur zum Teil. Als Künstler hat man eine Verantwortung, wenn man eine Reichweite hat. Für mich ist es das größte Glück, Menschen um mich herum zu haben, die ich liebe.

Daniel Donskoy und Daniel Heilig
Daniel Donskoy und Daniel Heilig (AJOURE´ Men Redaktion)
 

Fotos: Markus Nass; Ray Burmiston; AJOURE`Redaktion

Ajouré MEN Redaktion
Ajouré MEN Redaktion
Wir legen wir größten Wert auf die Qualität und Verlässlichkeit unserer Inhalte. Um sicherzustellen, dass unsere Artikel stets korrekt und vertrauenswürdig sind, stützen wir uns ausschließlich auf renommierte Quellen und wissenschaftliche Studien. Unsere redaktionellen Richtlinien gewährleisten dabei stets fundierte Inhalte. Informiere dich über unsere hohen journalistischen Standards und unsere sorgfältige Faktenprüfung.

BELIEBTE ARTIKEL

VERWANDTE BEITRÄGE