Seit 2 Jahrzehnten ist Oliver Wnuk fester Bestandteil des deutschen Fernsehprogramms. Dass der humorvolle Schauspieler nicht nur Komödien kann, sondern auch Krimis, beweist er regelmäßig bei der Top-Einschaltquoten-Krimireihe „Nord Nord Mord“ im ZDF, was sich zuletzt nicht weniger als neun Millionen Zuschauer angesehen haben. Wie schwer es aber tatsächlich ist Komödien zu drehen, was Nord Nord Mord für ihn bedeutet und wie er seine vielen Dreharbeiten in Kombination mit seiner Familie unter einen Hut bekommt, erzählt er uns im Interview.
Zu allererst: Willkommen zurück aus dem Urlaub. Du hast mit deiner Familie eine Flussreise unternommen. Wie wars denn und woher kommt deine Affinität zu Bootstouren bzw. Urlaub auf dem Wasser?
Vielen Dank. Ich bin ein Kind vom Bodensee und fahre seit ich denken kann sehr gerne mit Booten rum. Ich finde es beruhigend aufs Wasser zu schauen. Von daher machen wir seit mehreren Jahren immer mal wieder Bootsurlaube. Für uns ist das eine sehr schöne Art zu reisen.
Kaum zurück aus dem Urlaub, geht es für dich bald weiter nach Sylt, wo eine neuer Film „Nord Nord Mord“ für 2019 gedreht wird. Hier spielst du seit 2011 Kommissar Hinnerk Feldmann, eine der Hauptrollen der ZDF Erfolgs-Kriminalfilmreihe. Seit Jahren erfreut sich Nord Nord Mord bester Zuschauerzahlen; zuletzt über neun Millionen, was in der heutigen Zeit herausragend ist. Ist es trotz des enormen Erfolges dieser Krimireihe verwunderlich, dass nicht alle jungen Leute dieses Format kennen, da diese sich beinahe ausschließlich mit Netflix und Co beschäftigen?
Das wundert mich ehrlich gesagt wenig, es liegt daran, dass es tendenziell immer weniger Fernsehzuschauer gibt. Das ist eine Generationsfrage, in der gerade ein Umbruch stattfindet. Wir sind dieses Jahr bislang das erfolgreichste Format neben dem Tatort im deutschen Fernsehen. Doch es muss mich nicht beunruhigen, wenn junge Leute dies noch nicht kennen. Laut unseren Statistiken haben wir dennoch einen hohen Anteil an jungen Zuschauern, was ich jetzt einfach mal auf meine Fahne schreiben würde (lacht).
Worin liegt denn der Unterschied von Nord Nord Mord gegenüber einem Tatort?
Es gibt sehr viele verschiedene Tatorte, deshalb kann man das nicht über einen Kamm scheren. Ich kann primär nur über meine Figur sprechen und versuche eine emotional angebundene Komik mitzubringen. Meine Rolle in NORD NORD MORD war ursprünglich nie lustig angesetzt, sondern eher als normale Kommissars-Rolle. Damals spielte ich noch an der Seite von Robert Atzorn. Er hat jetzt aufgehört und in seine Fußstapfen tritt Peter Heinrich Brix. Die Konstellation von Nord Nord Mord war ein erfahrener „alter Hase“ und zwei jüngere Kommissare. Wie es dazu kam, dass meine Figur humorvoll wurde, ist einfach. Mir ist ab und an langweilig am Set. Und dann habe ich angefangen mir lustige Sachen einfallen zu lassen. Die Autoren haben dann darauf aufgebaut. Mich persönlich interessieren Mischformen vom Genre her auch mehr, als ein reiner Krimi, die man tausendfach kennt. Dann kommt hinzu, dass Sylt von der Kulisse her schon eigen ist und durch zum Beispiel Landschaften, die teilweise aussehen, als wäre man auf dem Mond, schon sehr viel vorgibt, denn dieses Landschaftsbild gibt es im Prinzip in ganz Deutschland kein zweites Mal. So entsteht bei Nord Nord Mord bereits durch den Mix an Komik und Umgebung eine tolle Besonderheit, die uns von vielen Formaten abhebt.
Der nächste Film erscheint am 15. Oktober. Darfst du ein bisschen spoilern?
Das Besondere daran ist, dass wir einen neuen Kommissar haben. Aber mehr will ich dazu nicht sagen.
Ist es für euch als Schauspieler noch einmal etwas anderes, wenn euer alter Kommissar nun durch einen neuen Kollegen ersetzt wird?
Das ist in der Tat etwas ganz anders und Vieles verändert sich dadurch komplett. Robert Atzorn ist sozusagen eine Fernsehinstitution gewesen und er entschied sich nun in Rente zu gehen. Für ihn übernimmt Peter Heinrich Brix, der natürlich ein ganz anderer Typ als Atzorn ist und hierdurch verändert sich sozusagen die komplette Dynamik, was am Ende des Tages ein sehr spannender Prozess ist.
Robert Atzorn hat sich in Rente begeben, da er, auch wenn es hart und ungewöhnlich klingt, keine Lust mehr auf die Schauspielerei hat. Kannst du das nachvollziehen?
Ich kann das sogar sehr, sehr gut nachvollziehen. Es ist aber dennoch ungewöhnlich, denn normalerweise ist es so, dass Schauspieler so lange spielen, bis sie umfallen oder keine Rollen mehr bekommen. Aber dass ein Schauspieler, der mit 72 Jahren noch so fit ist wie er und noch so gut aussieht und gleichzeitig noch so sehr im Geschäft ist, ist wie gesagt untypisch.
Du hast ja schon eine Unmenge an Filmen und Serien gedreht. Hat Nord Nord Mord einen besonderen Stellenwert für dich oder sind für dich alle Rollen gleich toll?
Ich spiele seit 15 Jahren in Serien oder Filmreihen mit, weil ich diese Art von Rollen sehr liebe. Ich mag es, wie damals zum Beispiel mit Stromberg, zusammen älter zu werden und sich zu verändern. Im Laufe der Jahre lernt man sich durch die viele Zeit, die man gemeinsam am Set verbringt, auch besser kennen, was den Vorteil hat, dass man viel besser miteinander spielen kann. Mir persönlich geht es immer weniger um die Filme oder Rollen, als um die Menschen, mit denen ich die Zeit verbringe. Mit ist der Punkt „mit wem ich etwas mache und meine Lebenszeit verbringe“ fast wichtiger, als dieses Produkt, was am Ende dabei herauskommt. Der Grund hierfür ist einfach: Filme, die die Welt verändern macht man relativ selten, aber die Zeit, die ich bei der Arbeit verbringe, bekomme ich nicht mehr zurück und ich schaffe mir gerne Erinnerungen. So sage ich eine Rolle eher ab, wenn ich mit Menschen arbeiten müsste, mit denen ich mich jetzt vielleicht nicht so gut verstehe.
Mal weg von Nord Nord Mord. Du hast ja beinahe jedes Genre bedient. Sei es „Schuh des Manitu“, „Soko Köln“, „Tatort“ oder „Stromberg“. Hast du ein Lieblings-Genre, was dir einfach am meisten Spaß bereitet?
Das ändert sich gerade ein bisschen. Ich mag natürlich Komödien sehr gerne, auch wenn diese gleichzeitig das schwierigste Genre darstellen, die das Fernsehen zu bieten hat. Wie schwierig es tatsächlich ist, wird sehr oft unterschätzt. Als nächstes spiele ich allerdings bei einem Psycho-Drama mit, was ich auch herausfordernd finde. Letztes Jahr habe ich einen Film mit dem Titel „Klassentreffen“ gemacht, der Anfang 2019 erscheint. Hierbei handelt es sich um einen improvisierten Film vom Regisseur Jan Georg Schütte. Die Grundsituation des Films ist kurz gesagt, dass ich mit Anette Friers Rolle seit 20 Jahren verheiratet bin und wir ein Klassentreffen mit unserer alten Klasse organisieren. Wir sind 18 Schauspieler und der ganze Film ist improvisiert und in einem durchgedreht. Wir haben also einen Neunzigminüter innerhalb eines Tages gedreht. Benötigt wurden hierfür ca. 35 Kameras, ein riesiges Filmteam, verteilt auf sieben Räume mit doppelten Wänden und allem, was man sich vorstellen kann. Daraus wurde innerhalb des letzten dreiviertel Jahres ein Film geschnitten. Die Besetzung ist einfach wundervoll und ich durfte eine wertvolle Erfahrung machen. Man muss sich auch überlegen, wie viel Filmmaterial am Ende des Tages zur Verfügung stand. Bei über 30 Kameras und einem kompletten Drehtag sind das hunderte Stunden Material. Und die Schwierigkeit ist, dieses Material passend zusammenzuschneiden, denn dadurch, dass alles improvisiert war, wussten die einen Schauspieler nicht, was die anderen getan und gesagt haben. Und am Ende muss es sitzen. Hieraus kann eine Komödie, ein Drama und vieles mehr entstehen.
Jemand der schon so viel gespielt hat, hat der noch Wünsche, was Rollen betrifft?
Da gibt es noch einiges, was mich reizen und viele Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich gerne einmal zusammenarbeiten würde. Aber eine ganz bestimmte Rolle oder so habe ich nicht im Kopf. Ich lasse mich überraschen und ich bin sehr dankbar dafür, dass ich in den letzten Jahren so viel spielen durfte.
Wie kriegst du denn die ganzen Rollen und das Familienleben unter einen Hut?
Indem man den Hut mitnimmt (lacht). Wir haben ein ungewöhnliches Leben, müssen sehr flexibel sein und können nicht wahnsinnig viel planen, da meine Frau Yvonne im gleichen Bereich tätig ist. Dadurch, dass bei ihr auch viel los ist, bedarf es einer gewissen Organisation.
Würdet ihr euren Kids später einmal eine Karriere in euerm Business empfehlen?
Generell würde ich niemandem empfehlen Schauspieler zu werden, da viele einfach viel zu wenig verdienen. Nur rund 1% verdient so viel, dass sie sehr gut davon leben können. Dann kommt hinzu, dass man sich über Jahrzehnte hinweg in diesem Beruf halten und etablieren möchte und das ist nochmals ungleich schwieriger. Besonders in der heutigen Zeit, wo wir uns alle fragen müssen, wie das Fernsehen in seiner ursprünglichen Form überleben kann, denn Netflix, Amazon und Co sind für Jugendliche heute meist interessanter. Dies bedeutet aber im Umkehrschluss, dass vielleicht später nur noch ein einziger Krimi einer bestimmten Art bzw. Figurenkonstellation gedreht wird und dieser dann in ganz Europa in verschiedenen Sprachen ausgestrahlt wird.
Lieber Oliver, vielen Dank, dass du dir die Zeit für uns genommen hast. Wir wünschen dir weiterhin viel Erfolg und freuen uns auf deine neuen Filme.
Nord Nord Mord – Sievers und die Frau im Zug
Im ZDF: Montag, 15. Oktober 2018, 20.15 Uhr
In der ZDF Mediathek: Sonntag, 14. Oktober 2018, ab 10.00 Uhr
Fotos: Steffen Böttcher, ZDF/Marion von der Mehden, ZDF/Simon Vogler