AjoureLifestyleThe Game Changers: Was soll man von dieser Doku glauben?

The Game Changers: Was soll man von dieser Doku glauben?

Eine Dokumentation auf Netflix, die derzeit für kontroverse Diskussionen sorgt ist „The Game Changers“. Der knapp 90-minütige Film von James Cameron ist u.a. Appell für eine pflanzenbasierte Ernährung. Doch wer erwartet, Bilder gequälter Tiere von freudlosen Veganern präsentiert zu bekommen, hat sich getäuscht. James Wilkes, Mixed Martial Arts Kämpfer führt in einer Art Selbstversuch durch den Film und trifft weltweit Hochleistungssportler und Wissenschaftler mit denen er über Fleisch, Eiweiß und Kraft spricht.

Doch das Format stößt nicht nur auf positive Resonanz und muss einiges an Kritik einstecken. Zu einseitig sei es und mit zu vielen wissenschaftlichen Studien überladen. Da hilft es, sich selbst ein Bild zu machen und am Ende den eigenen Weg zu gehen.

Gesunde Ernährung – nicht nur – im Sport erlebt regelmäßig neue Hypes. Wer sich mit Laufsport befasst, wird im Bereich der Marathon- und Ultra-Läufer einige bekannte Befürworter der Pflanzenkost finden. Doch wie wollen wir „nur mit Blümchen“ unseren Eiweißbedarf decken? Der Frage geht auch James Wilkes nach, als er nach einer Verletzung möglichst schnell wieder in Topform kommen möchte.

Gladiatoren – Körnerfresser?

Eine seiner ersten Erkenntnisse führt uns ins frühe Rom zu den Gladiatoren, die sich – Knochenanalysen zufolge – fast ausschließlich von Getreide und Bohnen ernährt haben und dennoch harte Kämpfe bis zum Tode ausfechten konnten. Heute werden Sportler, Kämpfer, Athleten oft belächelt, die bei der Wahl ihrer Ernährung auf Fleisch, Milchprodukte und Eier verzichten.

Und was ist mit dem Eiweiß?

Viele Sportler sorgen sich um ihren Eiweißhaushalt. Die Bausteine jedes Proteins, die Aminosäuren, finden sich alle in tierischen und pflanzlichen Produkten. Das Rind auf dem Teller hat sein Muskeleiweiß auch aus Pflanzen aufgebaut, warum es also nicht ohne diesen „Umweg“ direkt nutzen. Doch reicht das aus? Wilkes trifft neben Profi-Bodybuildern und Kraftsportlern u.a. Strongman Patrick Baboumian, der nach seinem Umstieg von vegetarischer zu veganer Ernährung über 20 kg Muskelmasse zugelegt hat. Alle berichten von Leistungszuwächsen und verringerten Regenerationszeiten nach Umstellung ihrer Ernährung. Selbst der Altvater des Kraftsports Arnold Schwarzenegger berichtet, wie eine massive Reduktion des Fleischkonsums seine Lebensqualität und Gesundheit verbessern konnte.

Das Blut beweist es

Die Verbesserung wird darauf zurückgeführt, dass sich bereits bestehende Ablagerungen in den Blutgefäßen wieder zurückbilden, wenn auf tierische Fette und Eiweiße verzichtet wird. So lassen sich wichtige Blutwerte wie Cholesterin drastisch verbessern und Entzündungen gehen zurück. Studien werden erläutert, die zeigen, dass eine pflanzenbasierte Kost tatsächlich in der Lage ist, nicht nur die körperliche Leistungsfähigkeit zu erhöhen, sondern auch bestehende Schäden umzukehren. Sogar die Müdigkeit nach dem Essen soll verschwinden.

Jäger oder Sammler?

Unabhängig von den positiven Effekten auf die Gesundheit, is(s)t der Mensch denn nicht von Natur aus Fleisch(esser)? Auch dieser Frage geht James Wilkes auf den Grund. Dabei erfahren wir, dass Menschen als „Allesfresser“ (Omnivoren) schon immer überwiegend Pflanzen zu sich genommen haben. Das zeigen der längere Verdauungstrakt im Vergleich zu echten Fleischfressern, die Unfähigkeit, Vitamin C selbst zu synthetisieren (es muss also mit Pflanzen aufgenommen werden), unsere Backenzähne, die zum Mahlen und nicht zum Reißen geformt sind und unsere Fähigkeit, mehr Farben erkennen zu können.

Fehlt was?

Kann der Mensch also ausgewogen und gesund nur mit pflanzlichen Produkten ernährt werden? Ja, bis auf eine Ausnahme: Vitamin B12. Der Zuschauer erfährt auch, dass dieses wichtige Vitamin nicht nur bei vielen Vegetariern und Mischköstlern oft zu niedrige Blutwerte aufweist, auch die Tiere, die heute zu Fleisch verarbeitet werden, bekommen davon nur genug, wenn es ihnen mit dem Futter zugeführt wird.

Fazit

Die Dokumentation arbeitet mit starken Bildern. Neben sehr vielen Sportlern aus den unterschiedlichsten Bereichen, die von beeindruckenden Erfolgen berichten, wird immer wieder Bezug auf aktuelle Forschungsergebnisse genommen. Football-Spieler, die mit Freude und Genuss beim BBQ sitzen und niemand kann erkennen, dass die Burger auf ihren Tellern aus Pflanzen sind. Feuerwehrleute, die innerhalb einer Woche nur durch veganes Essen ihre Cholesterinwerte – teilweise dramatisch – reduzieren können. Bis hin zu dem ärztlichen Experiment, das zeigt, wie ein Abendessen mit Bohnen statt Fleisch die nächtliche Erektionsrate deutlich erhöht.

Kann der Film wirklich als Game Changer* funktionieren? Ändert er die Regeln? Am Ende entscheidet der Zuschauer selbst, welchen Weg er gehen möchte, ob er den Menschen, die an dieser Dokumentation, dieser Reise beteiligt waren, folgen will. Sie haben in ihren Bereichen neue Maßstäbe gesetzt. Patrick Baboumian wurde gefragt, wie er nur mit Pflanzenkost so stark wie ein Ochse werden konnte. Er antwortet mit einer Gegenfrage: „Was frisst ein Ochse?“ Wir sind sicherlich nicht alle Strongmen oder wollen es werden, aber gesunde, elastische Blutgefäße, hervorragende Laborwerte, bessere Leistungs- und Regenerationsfähigkeit, im Alltag wie im Sport und ein positiveres Lebensgefühl stellen alle Beteiligten in Aussicht. Sollen wir deswegen jetzt alle von heute auf Morgen vegan werden? Es ist ein Prozess, eine Entwicklung und für viele Menschen ein Abenteuer. Arnie Schwarzenegger will niemandem vorschreiben, was er essen soll. Sein Tipp: Einmal die Woche auf Fleisch verzichten und das ganze entspannt angehen.

*Ein Game Changer ist jemand, der Regeln eines Marktes oder einer anderen Routine durchbricht und/oder grundsätzlich ändert. Und nicht nur das: gelegentlich, wenn es ihm nötig erscheint, kann er auch die gesamten Rahmenbedingungen des Spiels neu definieren.

 

Fotos: The Game Changers Film

Ajouré MEN Redaktion
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