Du kennst das: Du willst dein Handy entsperren, statt des Fingerabdrucksensors erwischst du aber die Kameralinse. Das nervt! Klar, es gibt Smartphones, bei denen befindet sich der Fingerabdruckleser im Home-Button. Der physische Home-Button ist freilich ein Auslaufmodell. Die Zukunft gehört dem rahmenlosen Handy ohne Knöpfe. Und ein virtueller Home-Button auf dem Bildschirm kann ja keinen Fingerprint-Sensor aufnehmen. Kann er nicht? Doch! Der chinesische Smartphone-Hersteller Vivo bringt das erste Gerät auf den Markt, bei dem sich der Fingerabdruckleser unter dem Display befindet.
In Sachen Benutzerfreundlichkeit hat sich bei den Smartphones in den letzten Jahren viel getan. Die Displays wurden größer, die Bildschirmauflösung besser, die Bedienung der Geräte intuitiver. Nur das Entsperren bleibt mühsam. Mit Touch-ID, dem Fingerabdruckscanner im Home-Button, fand Apple zwar eine praktische Lösung. Doch mit dem iPhone X verschwand der Home-Button – und mit ihm der Fingerabdruckscanner.
Sensor sieht durch Display hindurch
Als Ersatz bietet Apple 3D-Gesichtserkennung. Und tatsächlich: Face-ID funktioniert erstaunlich gut. Selbst mit Mütze oder Sonnenbrille erkennt der neueste iPhone-Spross seinen Besitzer. Trotzdem ist das Entsperren via Gesichtserkennung nicht intuitiv. Denn – Hand aufs Herz – wer will sein Handy schon jedes Mal wie für ein Selfie vors Gesicht halten, bloß um Neuigkeiten auf Facebook zu checken?
Das weiß natürlich auch Apple. Bisher gab es jedoch keine Möglichkeit, den Fingerabdruckleser unter den Bildschirm zu verlagern. Nun hat der Touchpad-Hersteller Synaptics das Problem gelöst. Er hat einen Sensor entwickelt, der Fingerabdrücke durch das Display hindurch lesen kann. Das Ganze funktioniert so: Du drückst den Einschaltknopf des Handys, es erscheint der Sperrbildschirm. Am unteren Rand des Sperrbildschirms ist an der Stelle, wo sich der Sensor befindet, das Bild eines Fingerabdrucks zu sehen. Du legst deinen Finger darauf – schon ist das Handy entsperrt.
Vivo – Doppelt so schnell wie Face-ID
Interessant ist, dass es sich beim neuen Fingerabdruckscanner von Synaptics um einen Bildsensor handelt, wie er auch bei Fotokameras zum Einsatz kommt. Interessant deshalb, weil der Clear-ID-Chip den Fingerabdruck sieht, obwohl zwischen ihm und dem Finger das Display liegt. Der 0,7 Millimeter dünne Sensor nutzt die Display-Beleuchtung, um den Fingerabdruck auszuleuchten. Und er ist erstaunlich schnell: Er braucht lediglich 0,7 Sekunden, um einen Fingerabdruck zu erkennen. Das ist zwar deutlich länger als die 0,2 Sekunden, die ein gewöhnlicher Fingerprint-Scanner benötigt, aber immerhin doppelt so rasch wie Apples Gesichtserkennung.
Der erste Hersteller, der die neue Technologie verwendet und ein (fast) rahmenloses Handy mit Fingerabdrucksensor auf der Frontseite präsentiert, ist Vivo. Vivo – das klingt für dich nach einem gesunden Fruchtsaft? Weit gefehlt! Obwohl hierzulande kaum bekannt, gehört das chinesische Unternehmen zu den fünf größten Smartphone-Produzenten der Welt. Bekanntere Namen wie Samsung, Apple, LG oder Motorola werden wohl bald auf den Zug aufspringen und eigene Geräte mit Fingerabdruckleser unter dem Display anbieten. Für das Galaxy S9 ist der Zug allerdings abgefahren, zumal die Produktion angelaufen ist, bevor der Clear-ID-Sensor fertig war.
Fotos: vivomobile / Instagram