Wie eine Generation ausflippte
Erinnern wir uns mal zurück an die 80er. Zumindest diejenigen von uns, die es zu dieser Zeit schon gab. Bis weit hinein in die 90er war er von den Bildschirmen dieser Welt kaum wegzudenken. Eine ganze Generation feierte ihn, wo auch immer er gerade einen Auftritt hatte oder im Fernsehen zu beobachten war. David Hasselhoff. Der einzige Knight Rider, den es jemals gab. Eine Art Superheld für die, die Anfang der 80er auf die Welt kamen. Und selbst die spätere Generation saß regelmäßig vor der Glotze, wenn The Hoff als Mitch Buchannon in Baywatch die Leben am Strand in Malibu rettete, indem er sie reihenweise aus dem Meer zog, vorm Ertrinken rettete, lichterloh brennende Boote löschte oder einfach nur kleine Gangster jagte, die ihr Unwesen irgendwie am Strand trieben. Jeder hat noch die Titelmusik im Kopf, wenn Mitch mit seinen Kollegen Bonnie und Co den Sand entlang rannten, die rote Rettungsboje immer mit dabei, die Sonne im Nacken und weit ausgeschnittene Bikinis wohin das Auge sah.
Mit der Zeit wurde sowohl Knight Rider abgesetzt, als auch Baywatch. Wobei zumindest beim letzteren ein Versuch gestartet wurde, hier ein kleines Comeback mit Dwayne Johnson zu kreieren. War lustig, aber flach. Doch selbst hier bekam David Hasselhoff einen kurzen Gastauftritt, denn ganz ohne ihn ging es dann doch nicht.
Man hätte ja beinahe denken können, dass seine Tage in den Herzen der Fans gezählt waren. Doch damit lagen einige ganz furchtbar weit daneben. Kann nicht sein? Ist aber so, denn seine Fangemeinde ist nach wie vor vorhanden. Und dies nicht zu knapp, denn noch immer feiern ihn Hunderttausende. Und ganz am Rande: Er ist natürlich für den Fall der Berliner Mauer verantwortlich. Und da gibt es auch nichts daran zu rütteln.
David Hasselhoff tourt seit Monaten durch die Weltgeschichte und feiert so mit seinen Fans sein 30-jähriges Jubiläum. Ein Konzert jagt das nächste und an ein Ende seiner Karriere ist beinahe nicht mehr zu denken. Immerhin ist der Gute mittlerweile auch Mitte 60 und man könnte meinen, dass auch er irgendwann seinen Zenit überschreitet. Aber danach sah es ganz und gar nicht aus, als er sein vorerst letztes Deutschlandkonzert in Berlin am 30.04.2018 gegeben hat. Ein ausgebuchter Friedrichstadtpalast ist der Beweis dafür gewesen, dass seine Fangemeinde nur auf diesen Tag gewartet hat. Ich war natürlich auch dort, denn dieses Spektakel konnte ich mir, als waschechter The Hoff-Fan, logischerweise nicht entgehen lassen. Mal gut, dass mein bester Buddy mir zu Weihnachten zwei Tickets ganz vorne besorgt hat. Er selbst ist nicht zwingend jemand, der viel von Hasselhoff gehalten hat. Nichtsdestotrotz war ihm klar, dass er mit aufs Konzert müsse. Wer hätte sonst auch mein Schild mit „DAAAAVIIIID“ halten sollen…!
Wir waren also gegen 19 Uhr in der Friedrichstraße, um uns die Meute schon einmal von Weitem anzuschauen. Beim Betreten des Friedrichstadtpalastes empfing uns zuerst einmal Davids bester Freund K.I.T.T. Das Auto, was früher wohl jeder kleine Junge einmal haben wollte, wenn er groß ist. Makellos schwarz stand er da. Die Türen offen, voll ausgestattet mit allem, was Bonnie und Devon Miles von der Foundation für Recht und Verfassung damals haben dort einbauen lassen. Und ja, die waren dafür verantwortlich. Eine andere Aussage lasse ich an dieser Stelle auch nicht zählen.
Wir bahnten uns einen Weg durch die Menschenmenge zu unseren überragenden Sitzplätzen. Äh, Sitzplätze? Naja, dann setzen wir uns mal, dachten wir uns. Dabei waren wir beide schon in Abriss-Stimmung, was im Sitzen ja nur schwer geht. Sei es drum. Der Saal füllte sich rasend schnell und um 19:45 Uhr war klar, dass die Hütte restlos ausverkauft war. Genau genommen ging da kein Ei mehr rein, aber so soll es ja auch sein, wenn ein Mann, der mehrere Generationen begeisterte, auftritt. Im Hintergrund lief natürlich seine Musik mit Titeln, die man mal mehr und mal weniger kannte. Allerdings sehr dezent, denn man schien dafür sorgen zu wollen, dass die Zuschauer nicht schon vor Beginn der Show ausgepowert waren. Hat ganz gut funktioniert. Und dann war es soweit. Die Lichter gingen schlagartig aus und die Band nahm die Plätze an Schlagzeug, Gitarren und Keyboards ein. Für einen Moment lang schien es so, als würde niemand mehr atmen und dann ging alles sehr schnell. Drei riesige LED-Screens blitzten auf, Nebelmaschinen verausgabten sich und da stand er. Live und in Farbe. David „The Knight Rider“ Hasselhoff. Mit einem kurzen Medley startete er mit seinen Fans in die Show. Die Menge grölte, klatschte und sang und von Sitzplätzen war keine Spur mehr. Jeder stand und feierte den Typen, der mit funkelnder Sternen-Lederjacke vor Jahrzehnten zum Mauerfall bereits „Looking For Freedom“ sang.
Es war also soweit. Da stand er und tat, was er schon immer getan hat. Er performte, als gebe es kein Morgen. Ganz in schwarz mit weißen Sneaker haute er einen Hit nach dem anderen raus und egal, welchen Titel er zum Besten gab, die Menge kannte den Text und diente ihm als Chor. Hin und wieder schien sogar er etwas überwältigt und das spornte ihn nur noch mehr an. Er rockte die Bühne. Von vorne nach hinten und von rechts nach links. Im Handumdrehen waren 45 Minuten vorbei und eine Pause von 15 Minuten holte die Fans zurück ins Leben. Also ratz-fatz raus und eine rauchen. Und dann schnell wieder rein, denn niemand schien auch nur einen Ton von ihm verpassen zu wollen. Während also alle gespannt auf den zweiten Teil der Show warteten, ging hinter uns das Licht an. Und da stand er und kam langsam die Treppen zwischen den Zuschauern hinunter. Jeder fummelte natürlich an ihm herum, denn so nah kämen sie ihm wohl nie wieder. Einen Song später hat er sich zurück zur Bühne gekämpft, wo er jetzt natürlich die ganz großen Titel rauskloppte. „Crazy For You“, „Limbo Dance“ und „Gipsy Girl“. Die Fans tobten und stampften zum Takt und schrien sich förmlich die Seele aus dem Leib.
Spätestens hier hatte dann tatsächlich jeder Gänsehaut. Auch mein bester Kumpel, der stehend feierte, war völlig fassungslos, wie mega die Stimmung war und wie krass The Hoff hier ablieferte. Einen kurzen Moment wurde ich ans Münchner Oktoberfest erinnert, als er mit „Sweet Caroline“ loslegte. Ich habe direkt nach einer Maß Bier Ausschau gehalten, allerdings ohne großen Erfolg. Doch die Leute grölten immer lauter und lauter. Und das, bis zu diesem Zeitpunkt, ja schon seit 90 Minuten. In den Rängen über uns schwenkten in Baywatch-Klamotten angezogene Jungs die roten aufblasbaren Bojen, einer im Publikum hat sich eine leuchtende Lederjacke selbst gemacht, die David durchaus bemerkte und ihm diese nach der Show abkaufte. Obwohl die Stimmung nicht besser hätte sein können, merkte man, dass alle nur auf einen einzigen Song warteten. Bei der dritten Zugabe war es dann soweit. Lights On For „Looking For Freedom“. Natürlich in standesgemäßer Leucht-Lederjacke. Eine Flughafenlandebahn hätte nicht mehr blinken können und so kamen sie ersten Töne des Songs, der die Welt veränderte. Gefühlt sang er diesen Song zehn Minuten, denn immer, wenn er versuchte ihn zu beenden, setzte das Publikum ein und fing einfach von vorne an. Und dann nochmal. Und nochmal. Und weil´s so schön war gleich noch einmal. Einmal mit Band, einmal ohne, einmal nur Publikum, einmal alle zusammen. Es war überragend und der Beifall schien nie aufzuhören.
Mit „Berlin, I Love You!“ verabschiedete er sich letztendlich und bedankte sich für das beste Publikum, was man sich wünschen kann. Mehr als wir hier in Berlin hätte man wohl nicht machen können. Spiel, Satz und Sieg für David „Michael Knight“ & „Mitch Buchannon“ Hasselhoff.
Kolumne von Daniel Heilig
Eine AJOURE´ ohne Daniel wäre wie ein Perpetuum mobile ohne die Bedeutung der Unendlichkeit. Seit dem Gründungsjahr schrieb Daniel unzählige Artikel und gehört zu den Grundpfeilern in der AJOURE´ Men.
Fotos: Daniel Heilig privat