AjoureLifestyleRewinside: Twitch-Streamer vom Hobby zum Hauptberuf

Rewinside: Twitch-Streamer vom Hobby zum Hauptberuf

Auf der diesjährigen TwitchCon, Europa in Berlin haben wir uns mit dem Videoproduzenten, Livestreamer und Influencer Sebastian Meyer alias „Rewinside“ getroffen. Mit seinem ursprünglichen Hobby verdient er inzwischen gutes Geld und es sieht nicht so aus, als wäre sein Höhenflug zeitnah vorüber. Wir haben uns mit ihm über die Entwicklung des aktuellen Gaming-Marktes, sein Privatleben, Artikel 13 und natürlich über Twitch selbst unterhalten. Werfen wir einen Blick hinter die Kulissen eines Content-Creators und seinen Alltag.

Als Influencer in Sachen Gaming hast du schon großen Erfolg. Beispiele sind Werbedeals mit internationalen Firmen wie Ubisoft und der eigene Merch-Store. Dabei bist du gerade mal 26. War das so dein Ziel? Hattest du einen Schlachtplan?

Nein, überhaupt nicht. Es ist bei uns allen gerade am Anfang sehr spontan und schnell so gekommen, dass es unklug gewesen wäre, diese Sparte nicht weiter zu verfolgen. Wir haben uns dann darauf fokussiert und die Sache durchgezogen. Irgendwann kam dann schon der Punkt, an dem ich angefangen habe, strategisch zu denken, aber am Anfang war es wirklich nur aus eigenem Antrieb und aus Lust zur Laune. Aus diesem lässigen Livestream hat sich dann ein Business entwickelt.

Ich persönlich habe damit nach meiner Ausbildung angefangen, als ich beschlossen habe, das Ganze für eine Zeit lang hauptberuflich zu machen. Da habe ich gemerkt, dass das ganz gut funktioniert. Ab diesem Zeitpunkt war zumindest für mich klar, dass ich das ernsthaft weiterverfolgen wollte.

Was hast du denn eigentlich gelernt?

Ich habe eine Ausbildung zum Immobilienkaufmann abgeschlossen. Labern kann ich also gut.

Du hast jahrelang Minecraft-Content veröffentlicht, folgst aber auch aktuellen Titeln wie Fortnite. Hängt das primär mit der Popularität dieser Spiele zusammen oder steht das Genießen dieser Spiele für dich an erster Stelle?

Minecraft spiele ich immer noch super gerne und das Spiel habe ich ins Herz geschlossen. Vor anderthalb Jahren, als Fortnite noch gar nicht so groß war, habe ich dann gemerkt, dass ich zu diesem Zeitpunkt keine rechte Lust mehr auf Minecraft-Content hatte. Fortnite fällt in eine ähnliche Zielgruppe und macht mir selbst auch viel Spaß. Ich bin sowieso eher der Shooter-Spieler. Nach vier Jahren Minecraft am Stück war es auch einfach an der Zeit, mit etwas anderem weiterzumachen. Irgendwann hatte ich dann doch alles gesehen und alles gemacht. Und das hat ganz gut funktioniert.

Abseits dieser beiden Titel, was zockst du denn so in deiner „Freizeit“?

In meiner Freizeit spiele ich ebenfalls ganz viel Fortnite, weil es mir einfach Spaß macht. Zwischendurch aber auch Apex Legends und Counter-Strike. Die Shooter-Lücken fülle ich tatsächlich dann noch mit Minecraft. Strategiespiele gehören aber für mich auch mit dazu. Anno, Age of Empires und Stronghold Crusader sind gute Beispiele.

Wenn du gerade Anno erwähnst, wie findest du die aktuelle Entwicklung auf dem Gaming-Markt bezüglich Exklusivtiteln? Aktuelle Beispiele dafür sind ja Anno 1800, Metro Exodus oder auch Borderlands 3, die alle nur im Epic-Store verfügbar sind.

Ich persönlich finde es gar nicht so verkehrt, wenn große Unternehmen wie Valve und Steam Konkurrenz bekommen. Es ist natürlich schade, dass die Spiele jetzt auf unterschiedliche Launcher verteilt sind. Dennoch wird dadurch der Markt belebt. Auf kurz oder lang wird es dazu führen, dass sich Spieleverleger intensiver damit beschäftigen, was denn nun auf ihren Store kommt und was dort released wird. Da gab es ja in der Vergangenheit schon Kontroversen.

Ich wäre zwar genau wie viele andere auch ein Freund davon, wenn alles in einem Launcher verfügbar ist. Dadurch entsteht aber leider ein Monopol und daraus entwickeln sich dann Verhältnisse, die eigentlich nicht eintreten sollten.

Du hast bei Artikel 13 großes Engagement gezeigt und deine Reichweite genutzt, um deiner jungen Zielgruppe Politik näherzubringen. Gleichzeitig hast du Erstwähler für das Thema interessiert. Inwiefern siehst du dich selbst in der Verantwortung, Leute in dieses Thema zu involvieren, die im Allgemeinen nichts mit Politik zu tun haben?

Generell ist es für Leute in meiner Branche schwierig, politische Themen anzusprechen. Im Idealfall gibt man keine politische Richtung vor, sondern ruft zur allgemeinen Aufmerksamkeit zu dem Thema auf. Das hat meiner Meinung nach immer ein wenig gefehlt und mit Artikel 13 haben wir das gut umgesetzt. Mir ging es vor allen Dingen darum aufzuklären. Was die Leute dann mit den Informationen machen, müssen sie selbst entscheiden.

Es ist auf jeden Fall wichtig, dass wir unsere Reichweite dazu einsetzen, den Zuschauern zu sagen, dass Wählen wichtig ist und sie aufzufordern: Geht bitte zur Europa-, Bundestags- und Landtagswahl. Das sind alles Dinge, die ursprünglich gar nicht in unserem Verantwortungsbereich lagen, welche aber trotzdem für das demokratische Gefüge sehr wichtig sind.

Gab es dafür in deinem privaten Umfeld einen Anstoß?

Tatsächlich nicht, angeblich sind die ganzen Proteste ja von Google initiiert worden. Eigentlich ist es aber so gewesen, dass ich mich schon im Sommer 2018 mit zwei anderen Creatorn zusammengesetzt habe. Damals war die ganze Reform in ihrer Formulierung schließlich schon im Gange. Wir haben uns dann mit zwei Politikern zusammengeschlossen, das waren Julia Reda und Tiemo Wölken. Zusammen haben wir erkannt, dass da etwas im Gange ist, was nicht wirklich demokratisch abläuft und auch unserer eigenen Moral und Meinung entsagt.

Es ging uns gar nicht darum, dass wir unsere eigene Existenz in Gefahr gesehen haben, sondern dass da etwas passiert, dass unsere Meinungsfreiheit einschränken und das Internet, so wie wir es kennen, verändern könnte. Wir wollten ganz einfach, dass unsere Stimmen dazu gehört werden.

rewinside

Was wünscht du dir für Twitch in Sachen Community-Service, verglichen mit Plattformen wie YouTube oder dLive? Würdest du dir auch Features von eher klassischen Social-Media-Portalen wie Twitter und Instagram wünschen?

Ich finde es schwierig, wenn eine Plattform versucht zu sein, was sie nicht ist. Twitch ist für mich eine Streaming-Plattform und da braucht es keinen Bilder-Feed. Wenn ich eine Bild-Plattform bin dann bin ich Instagram und wenn ich eine Livestreaming-Plattform bin, dann bin ich Twitch. Der Streaming-Service an sich und der Chat bei Twitch laufen perfekt und gerade das macht Twitch am besten.

Sicherlich gibt es noch den ein oder anderen Haken bei VODs oder Highlights, die nicht schnell genug verarbeiten. Im Großen und Ganzen macht die Plattform aber eine super Entwicklung. Nur weil eine andere Plattform ein neues Feature hat, heißt das ja nicht, dass Twitch auch unbedingt Snapchat-Lenses braucht. Solche Sachen wie Instant-Replay fände ich auf jeden Fall cool und das kommt hoffentlich auf bald. So eine knackige Highlight-Funktion, mit der ich im Stream dann direkt zurückgehen kann und mit dem Chat reagiere.

Wie sieht ein normaler Tag bei dir aus? Welche Freiheiten und Beschränkungen bringt dieser Job mit sich?

Ich stehe eigentlich relativ früh auf. Gegen halb acht bin ich wach und gehe, wenn ich es regelmäßig schaffe, zum Sport. Danach bin ich bis 12 oder halb eins im Büro und erledige meinen ganzen Business-Kram. Wir haben ein Musiklabel gegründet und nebenbei läuft noch eine IT-Firma, die ein bisschen Liebe von mir braucht. Das möchte alles verwaltet werden. Dann Meetings und Managements, Kooperationen mit Firmen abstimmen, Designvorschläge für neue Merchandises ausarbeiten und so weiter.

Mein Vormittag besteht wirklich aus diesem strikten Business-Block. Nachmittags geht es in die Aufnahme, weil dann die ganzen Leute auch wach sind und von der Arbeit zurückkommen. Abends kommt dann das Livestreaming dran und zwischendurch gibt es ein paar freie Minuten.

Und wie sieht es mit Urlaub aus?

Urlaub bedeutet immer Vorproduktion. In der Woche vor deinem Urlaub bist du dann umso mehr gestresst und hast die freie Zeit dann erst recht nötig. Der Livestream-Content kommt in den meisten Fällen dann natürlich zu kurz. Je nachdem, wo ich in der Welt bin, habe ich nicht immer das beste Internet parat. Ehrlich gesagt habe ich im Urlaub auch nicht immer Bock auf Livestreaming. Ich bin doch ganz froh, wenn ich eine Woche abschalten kann und die vorproduzierten Videos einfach freigeschaltet werden. Für die TwitchCon habe ich natürlich auch vorproduziert, ich kann also nicht einfach losfahren und meine Kanäle sich selbst überlassen.

Hast du Ratschläge für die ganz jungen Zuschauer, die auch Streamer bzw. Content-Creator werden wollen?

Das werde ich sehr oft gefragt. Am wichtigsten ist, dass du eine Menge Spaß daran hast und deiner Passion nachgehst. Die Zuschauer merken ganz schnell, wenn du keinen Bock auf etwas hast und nur produzierst, weil es gerade angesagt ist. Wenn ich keine Lust auf das Spiel, die Community und auf die Plattform habe, dann macht das keinen Sinn.

Es klingt etwas spießig, aber ich glaube, dass du vorher erst einmal eine richtige Ausbildung abschließen solltest, bevor du dir Gedanken darüber machst. Du bist dann in dieser Selbstständigkeit drin, die du dir selber aufbauen musst. Das klappt nicht von heute auf morgen, sondern ist ein langer Weg, auf dem du auch viele Fehlschläge einstecken und Geduld beweisen musst.

Wie gehst du mit Kritik um?

Gerade im Livestream kriege ich direkt zu hören, wenn ich auf eher bescheidenem Niveau abliefere. Durch diese Nähe zur Community hast du den Spiegel quasi direkt vor der Nase. Wenn mir konstruktive Kritik entgegengebracht wird, dann setze ich mich damit auf jeden Fall auseinander. Bei destruktiver Kritik sieht das aber schon anders aus. Das hat für mich dann nicht stattgefunden.

Hast du eine Art Fünf-Jahres-Plan? Weißt du schon, wohin die Reise geht?

Das ist in der Branche etwas schwer zu sagen. Ich bin in mehreren Unternehmen beteiligt. Dort sehe ich meinen Weg auf jeden Fall zukunftsorientiert. Damit kann ich dann auch mein Streaming-Game etwas upsteppen. Ich habe mir ein Musikstudio aufgebaut, welches Musikstreaming ermöglicht. In Sachen Podcasts lässt sich da auch etwas mit anfangen.

Alles andere wird sich irgendwie ergeben, denke ich. Da muss ich relativ spontan bleiben, um auf verschiedenste Sachen reagieren zu können. Zu sagen, dass ich mit einem fixen Alter in Rente gehe, gestaltet sich besonders in unserer Branche schwierig.

Wie lange siehst du dich noch in der Branche? Gibt es einen Plan B, wenn du mal die Lust am Streamen verlierst?

Das ist schwierig zu sagen, denn ich glaube, es wird nicht der bestimmte Zeitpunkt kommen, an dem ich sage, dass ich keinen Bock mehr auf das Streaming habe. Ich werde immer ein großer Liebhaber von Spielen bleiben und ich habe auch Spaß daran, das ins Internet zu übertragen. Die tollen Momente, die ich damit habe zu teilen, wird mir so schnell nicht langweilig.

Falls das trotzdem irgendwann einmal passieren sollte, dann habe ich ja immer noch mein Musiklabel und Immobilien, die ich verwalte. Da finde ich auf jeden Fall auch einen eher traditionellen Business-Ast, in dem ich mich wohlfühlen und davon leben kann.

Was kannst du uns über dein Musiklabel erzählen?

Das Hip-Hop-Musiklabel haben wir mit verschiedenen Leuten gegründet, unter anderem Taddl und Ardy von Dat Adam, die mittlerweile als Solokünstler auftreten. Das sind quasi alles Leute aus dem Freundeskreis. Ich mache auch selber Musik, allerdings eher in die elektronische Richtung, zum Beispiel Future Bass und Trap. Deshalb bin ich dort tatsächlich nicht unter Vertrag. Wir haben alle Lust darauf gehabt, gemeinsam auf Tournee zu gehen. Das wäre aber sehr schwierig gewesen, wenn alle unter unterschiedlichen Labels gestanden hätten. Unsere Idee hat super funktioniert und wir haben jetzt im Sommer unsere erste stark gebuchte Tour. Die findet an über 18 Veranstaltungsorten in Deutschland, Österreich und der Schweiz statt. Unter anderem in Frankfurt, Köln, Leipzig, Hamburg, Berlin, München, Stuttgart, Wien und Zürich.Nagel mich nicht auf diese Städte fest, aber in dieser Größenordnung kann man sich das vorstellen.

Wir führen später noch ein Interview mit Burkhard Leimbrock, dem Commercial Director Europe von Twitch. Gibt es eine Frage, die du ihm als Creator stellen wollen würdest?

Ich würde gerne wissen, ob und wann Twitch und die GEMA sich einig werden. Das wäre eine Frage, die ich für wichtig halte. Es ist schade, wenn VODs im Nachhinein gesperrt werden, weil du die Lizenzen für die Musik nicht hast. Ich denke schon, dass dort ein Deal entstehen könnte, wenn hart genug verhandelt wird. Bei Google hat es mit YouTube ja schließlich auch geklappt.

Gibt es ein spezielles Thema, welches dir besonders am Herzen liegt?

Ich finde es cool, dass wir über Artikel 13 gesprochen haben. Das ist immer noch eine Herzensangelegenheit für mich und ich kann zum Schluss nur noch mal verdeutlichen, dass jeder zu Europawahl am 26.05. gehen soll. Nutzt eure Stimme, weil die traditionellen Medienblätter aus eigenem Interesse nicht so gewillt sind, darüber zu berichten.
rewinside & Leon Kroll
rewinside & Leon Kroll von der AJOURE´ Redaktion
 

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Fotos: AJOURE´ Redaktkion; rewinside

Ajouré MEN Redaktion
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