Unsere Kommunikation besteht aus mehr als nur Worten: Die non-verbale Kommunikation kann dir mehr über deinen Gesprächspartner verraten als das, was er sagt. Seine Gestik, Mimik und seine allgemeine Körpersprache senden ständig Signale aus, die dir einen Gesamteindruck vermitteln. Du prüfst unweigerlich, ob diese Signale zu seinen Worten passen; ist dies nicht der Fall, verschweigt dir der andere eventuell etwas. Besonders die Gesichtsmimik transportiert Emotionen und verrät viel über unsere wahren Gedanken und Meinungen.
Meister der Täuschung
Der Mensch lebt seit jeher in Gruppen und hat ein gutes Gespür dafür entwickelt, die Gefühlslage seiner Mitmenschen zu erkennen. So können wir beispielsweise den Gesichtsausdruck eines Menschen deuten, den wir nie zuvor gesehen haben oder der aus einem anderen Kulturkreis stammt. Allerdings setzen die meisten Menschen im Alltag eine Maske auf – ein Pokerface – und verbergen ihre wahren Gefühle. Ein Beispiel: Der Kollege, mit dem du nicht gut auskommst, grüßt dich auf dem Flur; um Ärger und Konflikte zu vermeiden, lächelst du freundlich, auch wenn dir nicht danach zumute ist.
Hinter die Fassade blicken
Es kann sehr hilfreich sein, die Mimik seiner Mitmenschen deuten zu können. Egal ob im Privatleben, im Gespräch mit dem Chef oder bei der Kundenberatung: Erkennen zu können, was der andere wirklich denkt, kann dir enorme Vorteile bringen!
Doch wie schaffst du es nun, dich nicht von der Maske deines Gegenübers täuschen zu lassen? Der Schlüssel zur Interpretation liegt in den Mikroexpressionen. Das sind minimale Veränderungen in der Gesichtsmuskulatur, die einen kurzen Moment aufblitzen, bevor der Sprecher seinen Gesichtsausdruck wieder kontrollieren kann. Diese kurzen, unkontrollierbaren Momente entstehen, weil unsere Gesichtsmuskulatur mit dem Emotionszentrum unseres Körpers, dem limbischen System, verbunden ist. Dieses System verarbeitet Informationen schneller als das Großhirn, das uns hilft, unsere Gefühle und Mimik zu steuern. Für einen Moment sind wir auch bei bester Tarnung durchschaubar.
Übung macht den Meister
Diesen kurzen Moment auf dem Gesicht unseres Gegenübers zu erkennen und zu deuten ist eine Kunst und erfordert viel Übung. Kinder sind darin wahre Meister: Sie erkennen, ob sie angelogen werden und in welcher Stimmungslage sich ihr Gesprächspartner befindet. Die gute Nachricht ist: Du kannst lernen, die Mimik deiner Mitmenschen zu lesen!
Während positive Emotionen wie Freude und Erleichterung relativ leicht zu erkennen sind, sind es vor allem versteckte negative Emotionen, die schwer zu deuten sind. Wir verraten dir, worauf du achten musst, um hinter die Fassade deines Gegenübers zu blicken!
Die Augen
Besonders ausdrucksstark sind unsere Augen. In der Regel hält unser Gesprächspartner Blickkontakt mit uns. Wendet die Person ihren Blick ab, kann das verschiedene Bedeutungen haben: Eventuell lässt die Konzentration nach, der andere fühlt sich unwohl oder er wendet sich ab bzw. ignoriert uns, weil er mit dem Gesagten nicht einverstanden ist. Ein deutliches Zeichen für Ablehnung ist der Blick zur Decke. Bewegen sich die Augenlider hastig hin und her, ist meist Nervosität im Spiel. Es kann passieren, dass der andere schweigt und nur durch uns durchschaut. Entweder ist er einfach nur geistesabwesend oder du hast ihn eventuell verärgert und wirst jetzt mit Ignoranz gestraft. Das Gegenteil ist ebenfalls denkbar: Dein Gesprächspartner hört nicht auf, dich anzustarren. In diesem Fall sucht er wahrscheinlich die Konfrontation und möchte sich durchsetzen.
Die Lippen
Unser Mund ist nicht nur zum Sprechen da, sondern verrät uns die Gedanken unseres Gegenübers, wenn wir auf kleinste Veränderungen achten! Ein leicht geöffneter Mund ist meist ein Zeichen für Entspanntheit oder dafür, dass unser Gegenüber etwas sagen will – ganz im Gegensatz zu zusammengekniffenen Lippen, die in der Regel für Ärger stehen. Berühren die Hände im Gespräch das Gesicht, wandern sie oft unbewusst zu den Lippen. Ein vor die Lippen gehaltener Zeigefinger kann andeuten, dass der andere nachdenkt oder aber, dass du besser schweigen solltest. Legt sich die gesamte Hand über den Mund, kann das entweder ein Zeichen für Überraschung im positiven Sinne oder für einen Schock sein – das hängt ganz vom Kontext ab.
Die Stimme
Das Sprechtempo, die Intonation und die Lautstärke liefern dir wichtige Hinweise auf die Gefühlslage des anderen: Spricht jemand sehr leise, ist er wahrscheinlich unsicher. Wird dein Gegenüber immer lauter, spricht dies hingegen dafür, dass er oder sie sich durchsetzen und sich Gehör verschaffen will. Schnelles Sprechen deutet auf ein Gefühl von Gehetztheit hin und dein Gesprächspartner verliert eventuell die Geduld.
Vorsicht: Interpretationsfehler!
Du siehst schon: Die Liste der verschiedenen Gesichtsausdrücke ist lang und die Interpretation hängt von vielen Faktoren ab. Unter Umständen kann derselbe Gesichtsausdruck verschiedene Bedeutungen haben. Es gibt einige Fehler beim Interpretieren, die du daher unbedingt vermeiden solltest. Dazu gehört, Veränderungen im Gesicht des anderen isoliert zu betrachten. Beachte unbedingt auch den Rest seiner Körpersprache und erst, wenn sich bestimmte Signale häufen, kannst du Schlüsse da-raus ziehen.
Der zweite wichtige Faktor ist der Kontext: In welcher Gesprächssituation befindet ihr euch? Wie geht es dem anderen und was hat er bereits in vergleichbaren Situationen erlebt? Die Körpersprache kann je nach Kontext eine andere Bedeutung haben.
Dann gibt es noch Wahrnehmungsfehler, die entstehen, wenn eine Eigenschaft dominiert und uns die anderen Körpersignale der Person ausblenden lässt. Unsere Wahrnehmung ist nicht unfehlbar und nie ganz neutral – interpretiere daher immer mit Vorsicht und sei bereit, deine Eindrücke zu hinterfragen!
Ein letzter Tipp: Um Menschen lesen zu können und minimale Unterschiede zu erkennen, können Bücher sinnvoll und hilfreich sein. Sie sind aber nicht als Lehrbücher zu betrachten, sondern eher als Anleitungen. Willst du lernen, Menschen anhand ihrer Mimik zu lesen, dann befasse dich mit deinen Mitmenschen und lass dich überraschen, was ihre Mimik dir alles verrät!
Fotos: Petar Chernaev; Bernd Vogel; Andrea Leitgeb / EyeEm / Getty Images; -difa- / iStock Photo
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