Who Am I – Kein System ist sicher
Benjamin (Tom Schilling) ist ein Niemand. Seine Umwelt nimmt ihn nicht wahr und so verwundert es auch nicht, dass er sich zuhause im Zimmer verkriecht und alles in sich aufsaugt was es an Programmiersprachen und Hackertools gibt, ermöglicht der Cyberspace ihm doch von einem Niemand zu einem Jemand zu werden.
Als ein erster Versuch, das Gelernte im echten Leben anzuwenden, schief läuft, trifft er auf Max (Elyas M’Barek) der ihn auch gleich mit Stephan (Wotan Wilke Möhring) und Paul (Antoine Monot jr.) bekannt macht. Alle drei sind ebenso wie er Freaks und mit dem Hacken vertraut. Gemeinsam schließen sie sich zusammen, um Internet und reale Welt unsicher zu machen und alles zu hacken was ihnen unter die Finger kommt. Als sie nach ein paar harmlosen Aktionen eine erste große Sache starten geht diese nach hinten los. Und plötzlich haben die Vier nicht nur die Polizei sondern auch die Mafia im Nacken. Benjamin, der an allem Schuld ist, sieht keinen anderen Ausweg als sich zu stellen. Doch kommt die Entscheidung für seine drei Freunde möglicherweise zu spät?
Genrefilm made in Germany
Mit „Who Am I“ zeigt das deutsche Kino einmal mehr Mut zum Genre Film, der, nach „Stereo“, ein weiterer Beweis dafür ist, dass unsere Filmszene aus mehr als Schweighöfer und Schweiger, Teeniekomödien und Historienfilmen besteht.
Nachdem „Stereo“, mit Moritz Bleibtreu und Jürgen Vogel in den Hauptrollen, die große Aufmerksamkeit des Massenpublikums verwehrt blieb, kommt „Who Am I“ gleich mit vier bekannten Gesichtern und deutlich offensiveren Werbemaßnahmen daher. So ist es auch nicht verwunderlich, dass der Film auf Facebook, twitter und Co. im Gespräch ist, ist er doch auch thematisch dort gut verortet.
Mit Schilling, M’Barek und Möhring finden sich dann auch drei Schauspieler in ihren typischen Rollen wieder. So spielt Schilling einmal mehr den unsicheren, unscheinbaren Sonderling, M’Barek den smarten Draufgänger und Möhring den durchgeknallten Freak. Lediglich Antoine Monot jr. hat nichts mit seiner Werberolle Tech-Nick gemein, auf die er leider all zu oft reduziert wird. Mit seinem Charakter und dessen Look trifft er den Nerd vermutlich auch am besten im Film. Ein ganz kleiner Hauch von Oceans Eleven kommt auf, wenn sich das Quartett mit den jeweiligen Stärken und Schwächen zusammentut und entsprechend ergänzt. Dennoch oder gerade deshalb stimmt die Chemie zwischen den Darstellern. Lediglich die Computernerds will man den Jungs nicht immer zu 100% abnehmen.
Der Film selbst kommt zu Beginn nur langsam in Gang und lässt sich Zeit mit dem Drumherum und erzeugt so manchen zähen Erzählmoment. Was jedoch zu Anfang noch unnötig erscheint, erhält nach und nach seine Berechtigung. So freut man sich spätestens zum Ende hin auch über die, zu Beginn zum Teil störende, Langatmigkeit der Handlung. Insgesamt schafft es der Streifen, dank gutem Schauspiel, einigen feinen Drehungen und Wendungen und gutem Soundtrack (u.a. Boys Noize) sich nicht verstecken zu müssen.
Unterhaltsame Hackerfiction
„Who Am I“ erfindet das Erzähl-Rad nicht neu und dürfte den ein oder anderen Hacker nur mit dem Kopf schütteln lassen. Wer sich jedoch von der Hollywood’isierung der Codebastler und der etwas zähen ersten halben Stunde der Geschichte nicht abschrecken lässt, der erhält ein starkes, unterhaltsames Kinoerlebnis.
Foto: Sony Picture PR