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Die Ex vergessen – Das starke Geschlecht in der Trennungsphase

Wir sind bekannterweise das starke Geschlecht. Doch was macht uns dazu? Reine Muskelkraft? Mentale Überlegenheit? Besseres Zurechtkommen in schwierigen Phasen? Dickere und vor allem längere Nervenstränge, die in der Regel viel später reißen, als bei Frauen? Oder ist all dies ein längst überholter Mythos und nichts von all dem, was uns früher zu Männern machte, ist heute noch zeitgemäß? Wie stark sind Frauen in einem schleichenden Prozess geworden und wie schwer macht uns diese neuentdeckte Stärke des möglicherweise gar nicht so schwachen Geschlechts?

Sagen wir es so: Der, der sich trennt, ist in der Regel immer besser dran, denn möglicherweise hat diese Person schon sehr viel früher damit angefangen, sich mit dem Gedanken anzufreunden, sich zu trennen und erst einmal ein Leben alleine zu führen. Die Person, die zurückgelassen wird, ist somit meist überrascht und weiß mit dieser Situation nicht wirklich umzugehen. So kam die Trennung vielleicht wie aus dem Nichts, oder man(n) hat es vorher einfach nicht wahrhaben wollen, dass sich so eine Katastrophe anbahnt.

Was passiert mit uns, wenn sich unsere Frau, Freundin oder Verlobte von uns trennt, ohne dass wir uns ein Leben ohne sie überhaupt nur vorstellen können? Was waren ihre Gründe und wieso macht sie ausgerechnet jetzt mit uns Schluss? Sollten wir kämpfen, oder ist bereits alles gesagt und verloren? Wir werden in dem Moment, in dem wir vor der Trennung stehen, keine Antworten auf alle Fragen haben. Wir werden in diesen Tagen nicht einmal alle Fragen kennen, die uns nach und nach durch den Kopf gehen werden. Im Gegenteil. Wir sind wie versteinert. Schließlich hat sie sich von uns getrennt. Im schlimmsten Fall noch von heute auf morgen und jetzt stehen wir da. Ratlos und unsere Gedanken multiplizieren sich von Sekunde zu Sekunde, so dass wir nicht mehr in der Lage sind, auch nur einen einzigen klaren Gedanken fassen zu können.

Die Stadien, die wir ab diesem Moment durchlaufen, sind klar definiert und könnten für uns schwerer nicht sein. Zuerst kommt die Verleugnung, in der wir die Trennung nicht wahrhaben wollen. Dann folgt, wie sollte es auch anders sein, Trauer und Schmerz, die uns ein Gefühlschaos bescheren. Als nächstes lässt sich Wut blicken, und die überhäuft uns mit Ideen, wie wir uns rächen könnten. Und wir machen unserer Ex in unserem Inneren einen Vorwurf nach dem anderen. Dann folgt Phase vier. Die Akzeptanz, dass wir uns an ein neues Leben ohne unsere Freundin / Frau einstellen müssen und versuchen, damit klarzukommen.

Die Frage ist, wie wir während dieser Phasen mit uns und der Öffentlichkeit umgehen sollten. Wie verhalten wir uns gegenüber anderen und wie verhalten wir uns, wenn wir alleine zuhause sind? Sollen oder können wir da überhaupt einen Unterschied machen?

Gerade bei längeren Beziehungen, in denen es nach einiger Zeit tatsächlich um Gefühle ging, wird eine Tatsache oft verdrängt. Trennt sich die Partnerin vom Mann, dann hat sie hierfür einen Grund. Im besten Fall (für uns Männer), tat sie dies nicht wegen einer neuen Liebe, dann damit hätten wir noch mehr zu kämpfen, als wir es eh schon haben. Es lief also nicht in der Beziehung, und an dieser Stelle gehen wir auch davon aus, dass sie bereits mehrere Male (mehr oder weniger erfolgreich) versucht hat, mit dem Partner zu sprechen. Wie so oft vergebens, denn Männer wollen vieles nicht wahrhaben, schieben es vor sich her oder haben die Versprechen, sich zu ändern, einfach nicht einhalten können, da viel zu schnell der Alltag nach all diesen Versprechen wieder Einzug genommen hat. Das was für Männer zu schnell in Vergessenheit geraten ist, war bei Frauen allgegenwärtig präsent. Sie haben nicht vergessen.

Sie haben die ganze Zeit ihre Augen und Ohren offengehalten, um zu schauen, ob ihr Partner in der Lage ist, wenigstens ein bisschen was von dem, was sie so sehr störte, zu ändern. Das Resultat und die Antwort sind meistens einfach: Nein. Und so jagt für sie eine Enttäuschung die nächste und irgendwann hat sie begonnen, sich ein Leben ohne Partner vorzustellen. Dass auch ihr das nicht von heute auf morgen gelingt, dürfte klar sein. Doch wir Männer waren viel zu sehr mit unnötigen Dingen beschäftigt, als dass wir hätten sehen können, wo unsere Partnerin gerade durchgeht. Dabei waren es doch meist offensichtliche Momente, in denen wir hätten erkennen müssen, dass etwas nicht stimmt. Sie verbringt abends nach der Arbeit viel mehr Zeit mit den Freundinnen, geht oft alleine feiern oder, wie auffällig soll es noch sein, schläft mit Tränen ein. Wir hören es nicht, sehen es nicht oder wollen es nicht wahrhaben. Und wenn doch, dann machen wir wohl jemand oder etwas anderes dafür verantwortlich. Aber dass ausgerechnet wir der eigentliche Grund sind, kommt uns nicht in den Sinn.

Ex vergessen

Da stehen wir nun also. Nach langer Zeit wieder alleine und unsere bis gerade noch bessere Hälfte ist gegangen. Wir können an dieser Stelle von einer Sache ausgehen: Frauen, die oben genanntes durchlebt haben, werden nicht zurückkommen. Unser Denken, dass es ihr ebenso schwerfällt wie uns, ist zwar richtig, aber leider nur bedingt. Denn sie hat damit abgeschlossen und aus irgendeinem für uns unverständlichen Grund, geht es ihr, trotz dass es ihr eigentlich schlecht gehen sollte, sehr gut. Sie fühlt sich befreit. Frei von all diesen Problemen, Sorgen, Tränen und Diskussionen, die sie all die Zeit zuhause hatte. Sie wird also alles Mögliche tun, aber sicherlich nicht zurückkommen. In den Köpfen der Männer macht das alles keinen Sinn und wir überlegen ständig, wie wir uns jetzt verhalten sollen. Kämpfen, fliehen, von vorne beginnen? Daheim verkriechen, feiern gehen oder sofort Tinder runterladen? Allzu oft versuchen Männer an dieser Stelle im Leben genau diese eine Sache wiederzufinden: Die Stärke, die sie als starkes Geschlecht all die Monate und Jahre definierte. Doch genau diese Stärke werden sie nicht finden. Was sie finden ist Schwäche, doch niemals würden sie dies offiziell zugeben. Nach außen hart, getreu dem Motto „andere Mütter haben auch schöne Töchter“, doch im Inneren zerfrisst es sie förmlich. An Schlaf ist nicht zu denken, Essen wird überbewertet, dafür werden Alkohol und Zigaretten zu ihren treuen Lebensgefährten.

Aber all dies macht es nicht besser, denn wenn wir morgens aufwachen, ist alles noch so wie in der nüchternen Phase des Abends zuvor, und die Gedanken an das frühere Leben hängen an uns wie der Ring an Frodo. Beides gilt es zu vernichten, schnell wird allerdings klar, dass, so schwer es Frodo auch hatte, dies kein Vergleich zu unserer Situation zu sein scheint, denn uns geht es schlechter.

Irgendwann realisieren wir, dass es so nicht weitergehen kann und suchen krampfhaft nach einem Ausweg. Doch wie sieht dieser aus?

An dieser Stelle kommt wohl etwas, das gerade Männern nicht ganz leicht fällt. Trauer. Wir können noch so stark sein, ohne dieses ekelhafte Gefühl zuzulassen, werden wir aus dieser Nummer nicht rauskommen. Zumindest nicht in absehbarer Zeit. Die Frage ist also, wie sehr wir unzeitgemäß noch die Trauer beiseiteschieben, oder in wie weit wir zulassen, dass uns genau diese Trauer aus diesem Loch, in dem sich wir uns befinden, wieder heraushilft.

Niemand sagt, dass ihr da alleine durch müsst. Ihr habt Freunde. Männliche oder weibliche. Redet über das, was passiert ist. Versucht gemeinsam zu ergründen, was alle die Jahre schief lief und versucht so zu verarbeiten, was euch wie ein Anker samt Kette am Hals hängt und euch runterzieht.

Nichts spricht dagegen, sich nach so einer Zeit ein paar wenige Tage frei zu nehmen. Im Gegenteil. Es wird helfen. Aber nicht, damit ihr feiern gehen könnt, sondern um erst einmal Zeit alleine zuhause verbringen zu können. Um so schneller ihr die Phase von Trauer und Schmerz hinter euch lasst, desto schneller gelangt ihr an den Punkt, an dem ihr wütend werdet. Nicht, dass ihr es an diesem Punkt geschafft und alles hinter euch gelassen hättet, aber es wird sichtlich leichter mit all dem umzugehen. Euer Ziel ist jedoch nicht die Wut, sondern die Akzeptanz.

Akzeptanz. Etwas, womit Männer ja nicht unbedingt umgehen können. Wir wollen selbst bestimmen und uns nicht einer Gegebenheit unterordnen, doch manchmal bleibt nichts als Akzeptanz. Seid ihr an diesem Punkt angekommen, und zugegeben, es kann einige Zeit dauern, bis man hier landet, dann entsteht endlich ein neuer Antrieb in euch. Ihr habt euch an die Single-Bude gewöhnt, die Kleinigkeiten, die so lange an eure Zweisamkeit erinnerten, verschwinden aus unseren Blickwinkeln, und hier und da gefallen euch neue Frauen. Das Wichtigste, was es jetzt zu meistern gilt ist, nicht in vier eigentlich typische Verhaltensweisen zu versinken.

Diese sind Isolation, Bindungsfurcht, Misstrauen und eine Art Ablehnung des anderen Geschlechts. Die Zeiten, in denen ihr isoliert wart, sind vorbei. Denn diese stehen ganz am Anfang nach der Trennung. Bindungsfurcht und Misstrauen sind komplett fehl am Platz und die Ablehnung, neue Frauen kennenzulernen verschwindet meist von selbst, sobald ihr wieder mit euren Freunden unterwegs seid. Freut euch darauf, mal wieder richtig die Sau rauszulassen. Ihr seid Deutschlands frischster Single. Die Nacht gehört euch, also lasst es krachen.

Dass das Leben keine einzige Party ist, versteht sich von selbst und wird uns auch allzu schnell wieder klar, wenn der Montag vor der Tür steht und die Arbeit ruft. Verlagert euer zurückgewonnenes Leben nicht nur auf die Wochenenden. Es ist an der Zeit, sich neue Aufgaben zu suchen. Ein neuer Lebensinhalt in Form eines neuen Hobbys oder einer neuen Sportart, die ihr euch aneignen wollt. Schnappt euch all eure liegengebliebenen und eingestaubten sozialen Kontakte und schreibt ihnen. Holt euch Dating-Apps wie Tinder und freut euch über Bestätigung von außen. Ihr kriegt zuhause immer noch die Krise, dann zieht um. Hat es euch damals so hart getroffen, dass ihr euch ein Leben im selben Ort nicht vorstellen könnt, dann wechselt die Stadt. Euch wird nach und nach klar werden, dass das Leben viel mehr bereit hält, als Erinnerungen an eine Trennung. Selbst dann, wenn sie das Schmerzhafteste war, was ihr jemals durchleben musstet. Doch all diese Momente, die euch einige Wochen oder Monate das Leben schwer gemacht haben, werden euch nachhaltig mehr Kraft geben, als ihr zuvor hattet. Ihr werdet gereift sein, seht vieles mit anderen Augen und werdet eine vielleicht damals entstandene Abhängigkeit zu eurer Ex endlich niederlegen können. Ihr seid wieder da. Besser und schlauer als je zuvor.

 

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Sie hat mich verlassen – was soll ich tun?

 


Fotos: Photographer is my life; Theerapong28 / Getty Images

Ajouré MEN Redaktion
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