Mehr als zweieinhalb Millionen Mal kracht es jährlich auf den deutschen Straßen. Ist der Schaden erstmal angerichtet und der Schock verdaut, stellt sich meist schnell die Frage: Zahlt die Versicherung das? Und wenn ja, wessen? Hier ein kleiner Überblick, welche Leistungen die gesetzliche Haftpflicht sowie eine Teil- und Vollkaskoversicherung im Schadensfall erbringen.
Die Kfz-Haftpflichtversicherung
Wer mit einem Auto, Motorrad oder Moped am Straßenverkehr teilnehmen will, braucht dafür eine Haftpflichtversicherung. Denn ohne diese darf das Fahrzeug gar nicht erst amtlich zugelassen werden. Die Haftpflicht ist also keine Empfehlung, sondern Gesetz – und zwar ein ziemlich Gutes. Schließlich wird Unfallgegnern damit unabhängig vom Kontostand des Crash-Piloten finanzieller Schadensersatz gewährleistet.
Ebenso profitieren natürlich die Unfallverursacher vom Schutz der Haftpflicht. Denn diese müssen nicht auch noch für die Schäden an fremden Fahrzeugen in die Tasche greifen – zumindest dann nicht, wenn keine grobe Fahrlässigkeit als Ursache festgemacht wird und die Deckungssumme der Versicherung reicht – doch dazu gleich mehr.
Was deckt die Kfz-Haftpflichtversicherung ab?
Ein Unfall zwischen zwei oder mehreren Fahrzeugen ist meist eine teure Angelegenheit. Zum Teil werden die durch den Unfall entstandenen Kosten jedoch von der Haftplicht beglichen, allerdings nur jene der Unfallgegner. Abgedeckt sind durch die Haftpflicht sowohl Schäden an Personen als auch an Fahrzeugen und sonstigem Vermögen:
- Abschleppkosten
- Gutachtungskosten
- Rechtsanwaltshonorare
- Reparaturen an Fahrzeugen
- Wiederbeschaffungskosten für einen gleichwertigen Wagen (bei schweren oder Totalschäden)
- Kosten für einen vorübergehenden Mietwagen beziehungsweise eine Nutzungsausfallentschädigungen (nur bei gültigem Anspruch )
- Gebäudeschäden, die durch den Unfall entstanden sind
- Behandlungskosten, Schmerzensgeld und Renten für Verletzte
Übrigens: Im Falle, dass ein Unfallgegner unberechtiger Weise Zahlungen fordert, wirkt die Kfz-Haftpflicht ähnlich einer Rechtsschutzversicherung – das heißt: Der Versicherer verteidigt den Versicherungsnehmer gegen ungerechtfertigte Ansprüche.
Wie hoch ist die Versicherungssumme der Kfz-Haftpflichtversicherung?
Die Höhe der Haftpflicht-Versicherungssumme hängt vom jeweiligen Vertrag und Anbieter ab. Gesetzlich vorgeschrieben ist pro Schadensfall jedoch eine Mindestversicherungssumme von:
- 7,5 Millionen Euro für Personenschäden
- 1,22 Millionen Euro für Sachschäden sowie
- 50 000 Euro für Vermögensschäden (zum Beispiel bei Dienstausfällen)
Versicherungsdaten auszutauschen ist bei Unfällen gesetzlich vorgeschrieben.
Es gibt jedoch auch Policen mit höheren Deckungssummen. Von den meisten Versicherern werden diese sogar standardmäßig angeboten. Empfehlenswert ist die Vereinbarung einer etwas höheren Deckung allemal. Denn insbesondere bei Unfällen mit mehreren Beteiligten ist die gesetzlich vorgeschriebene Summe schnell ausgeschöpft.
Tipp: Die Haftpflicht-Beiträge können als Sonderausgabe steuerlich abgesetzt werden.
Gibt es bei der Kfz-Haftpflicht eine Selbstbeteiligung?
Prinzipiell sieht die gesetzliche Kfz-Haftpflicht keine Selbstbeteiligung vor. Bei grobem Fehlverhalten kann die Versicherung den Unfallverursacher jedoch in Regress nehmen. In diesem Fall können Ansprüche von bis zu 5000 Euro pro Verstoß geltend gemacht werden.
Greift die Kfz-Haftpflicht auch im Ausland?
Die deutsche Kfz-Haftpflichtversicherung gilt innerhalb jener 48 Länder, die das Grüne-Karte-System nutzen – also überall dort, wo die internationale Versicherungskarte gültig ist. Für Reisen außerhalb dieser Länder sollte der Versicherungsschutz erweitert werden. Der Auslandsschutz der Haftpflicht kann zudem zeitlich begrenzt sein. Vor längeren Auslandsaufenthalten lohnt sich also ein genauer Blick auf die Police.
Wichtig: Die Deckungssummen variieren in den verschiedenen Ländern. Häufig sind diese zudem niedriger als in Deutschland. Wer also im Ausland in einen Unfall verwickelt wird, könnte womöglich auf einem Teil der Kosten sitzen bleiben. Es macht deshalb durchaus Sinn, eine Zusatzversicherung für den Auslandsschutz zu erwägen.
Schützt die Haftpflicht mehrere Fahrer desselben Fahrzeugs?
Grundlegend ist es so, dass nicht das Fahrzeug, sondern der Fahrzeughalter durch die Haftpflichtversicherung geschützt ist. In der Regel gilt eine abgeschlossene Kfz-Versicherung jedoch auch für weitere Fahrer, wenn diese in die Police eingetragen wurden oder den Wagen mit Einverständnis des Halters nutzen – wurden diese jedoch nicht in die Police mitaufgenommen, kann es unter Umständen zu Straf- oder Beitragsnachzahlungen kommen.
Was kostet die Haftpflichtversicherung und wie wird sie berechnet?
Eine Kfz-Haftpflichtversicherung kann jährlich weniger als 100 und mehr als 1000 Euro kosten. Die Höhe der Prämien und die Berechnungsweise hängt einerseits vom Grundtarif des jeweiligen Anbieters ab. Andererseits sind auch folgende Berechnungskriterien von Relevanz:
- Typklasse des Fahrzeugs (früher: Leistungsklassen)
- Regionalklasse (wird anhand des Wohnorts bestimmt)
- Erstzulassungsdatum
- Schadensfreiheitsklasse des Versicherten (höhere Klassen bekommen oft Rabatte)
- Anzahl der Fahrer
- Alter der Fahrer
- Dauer des Führerscheinbesitzes
- Höhe der Versicherungssumme
- Höhe der jährlichen Fahrleistung
- Stellplatz (Garage oder im Freien)
- Punkte im Verkehrszentralregister
Teilkasko- und Vollkaskoversicherung
Bei den beiden Kaskoversicherungen handelt es sich um freiwillige Kfz-Versicherungen, die nur als Ergänzung zur gesetzlich vorgeschriebenen Haftpflicht abgeschlossen werden können. Abgedeckt werden von der Kasko Schäden am eigenen Fahrzeug, die nicht im Deckungsbereich der Haftpflicht liegen.
Was deckt die Teilkasko ab?
Die Teilkasko zahlt nur bei tatsächlichen Kollisionen mit Haarwild.
Die Teilkaskoversicherung zahlt bei Schäden, die durch äußere Einwirkung entstehen, nicht jedoch bei selbstverschuldeten Unfällen. Zum grundlegenden Deckungsbereich der Teilkasko zählen:
- Brand und Explosion (zum Beispiel infolge von Ausschreitungen)
- Kabelschäden durch Kurzschlüsse
- Glasbrüche (Ausnahme: Vandalismus)
- Autodiebstahl, Demontage, Raub und Unterschlagung
- Elementarschäden durch Unwetter (Stürme, Blitzschläge, Hagel, Überflutungen)
- Durch Marder verursachte Schäden an Kabeln, Schläuchen und Leitungen
- Zusammenstöße mit Haarwild (Wildschweine, Hirsche, Füchse etc.)
Da es sich bei den Kaskoversicherungen um freiwillige Kfz-Versicherungen handelt, variieren die Versicherungsumfänge der verschiedenen Anbieter allerdings. Manche Versicherer bieten etwa Zusatzleistungen an, zum Beispiel Zahlungen bei grober Fahrlässigkeit, bei Unfällen mit jeglicher Tierart oder bei indirekten Folgeschäden von Marderbissen (zum Beispiel Motorschäden).
Was deckt die Vollkasko ab?
Die Vollkaskoversicherung umfasst alle Leistungen der Teilkasko, bietet jedoch noch umfangreicheren Schutz. Kompensiert werden auch:
- Selbstverursachte Unfälle
- Zusammenstöße mit Tieren jeder Art
- Lackschäden
- Verlust des Fahrzeugschlüssels
- Schäden durch Transport mit Schiffen und Fähren
- Unfälle aufgrund falscher Reifen (kann jedoch zu Leistungskürzungen führen)
- Schäden durch Vandalismus
- Zahlungsausfälle aufgrund zu niedriger Haftplicht-Deckungssumme und Eigenmittel des Unfallgegners
- Zahlungsausfälle wegen Fahrerflucht
Hinweis: Auch bei Teil- und Vollkaskoversicherungen sollte bei Auslandsreisen überprüft werden, ob die Versicherung im Zielland tatsächlich Schutz gewährt.
Welche Leistungen bieten weder Teil- noch Vollkasko?
Reine Reifenschäden deckt selbst die Vollkasko nicht ab.
Wie es bei Versicherungen nun mal so ist, gibt es immer Ausnahmen. So bietet auch eine Vollkasko nicht vollkommenen Schutz. Ausgenommen sind in der Regel etwa:
- Reine Reifenschäden
- Unfälle unter Alkohol- und Drogeneinfluss
- Verhaltensbedingte Unwetterschäden (zum Beispiel, wenn das Auto auf einer verhagelten Straße ins Schleudern kommt)
- Unterschlagung (zum Beispiel, wenn ein Auto von einer Person ausgeliehen, jedoch nicht mehr zurückgebracht wird)
- Bei Obliegenheitsverletzungen (Vorschäden müssen gemeldet werden)
- Wertminderung (sofern nicht vertraglich vereinbart)
- Durch Fahrfehler entstandene Schäden an angekoppelten Wohnwagen
- Vorsätzlich herbeigeführte Schäden
- Erdbeben und vergleichbare Katastrophen
- Sofern nicht vertraglich festgehalten: Grobe Fahrlässigkeit (zum Beispiel durch Missachtung von Verkehrsregeln, falsches Parken etc.)
Wieviel kostet eine Teil- beziehungswiese Vollkaskoversicherung?
Die Höhe der Versicherungsprämien hängt sowohl bei der Teil- als auch bei der Vollkasko von verschiedenen Faktoren ab – mit einigen Ausnahmen werden hierbei dieselben Kriterien herangezogen wie bei der Haftpflicht.
Beispielsweise wird für die Prämienberechnung der Teilkasko die Schadenfreiheitsklasse meist nicht herangezogen, da die damit abgedeckten Schadensfälle nicht im Einflussbereich des Versicherten liegen und kein subjektives Risiko abgeschätzt werden kann.
Da die Beiträge individuell berechnet werden und es keine gesetzlichen Vorgaben gibt, herrschen zum Teil große Preisunterschiede zwischen den Anbietern. Neben Anzahl der Fahrer und deren Alter ist besonders auch die Selbstbeteiligung entscheidend. In der Regel kann diese selbstständig festgelegt werden.
Auch können diverse Zusatzklauseln und Leistungen vereinbart werden, die die Prämien erhöhen oder senken, wie beispielsweise Werkstattservices, Kaufpreisabsicherung, Werkstattbindung, Schadensausschlüsse etc.
Wie hoch ist die Versicherungssumme bei der Teil- und Vollkasko?
Da bei allen Versicherungen grundsätzlich das Bereicherungsverbot gilt, erhalten die Fahrzeughalter maximal jene Summe, die dem Neuwert ihres Wagens entspricht. Der Neuwagenwert wird in der Regel jedoch nur bei Totalschäden oder Diebstählen von Neuwagen erstattet – und meist auch nur innerhalb der ersten Versicherungsmonate.
In den meisten Fällen wird entweder der Wiederbeschaffungswert beziehungsweise der Zeitwert entrichtet. Der Zeitwert entspricht jenem Betrag, der durch den Verkauf des Wagens am Schadenstag erzielt werden hätte können.
Der Wiederbeschaffungswert beziffert hingegen, wie viel Geld für einen vergleichbaren Wagen (Kilometerleistung, Baujahr, Zustand) auf dem Gebrauchtmarkt bezahlt werden müsste. Dieser ist üblicherweise etwas höher als der Zeitwert, da im Wiederbeschaffungswert beispielsweise auch Gewinnspannen von Händlern sowie Garantie- und Untersuchungskosten berücksichtigt werden.
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