Viele Marketingabteilungen arbeiten nach einer Logik, die einst funktionierte: Inhalte erstellen, SEO-Optimierung durchführen, Rankings steigern, Traffic gewinnen. Doch diese lineare Gleichung ist brüchig geworden. Die kostenlosen Besucherströme, von denen Webseiten früher lebten, versiegen zunehmend. Denn die Orientierung von Nutzern findet längst nicht mehr direkt in Suchmaschinen statt. Sie verlagert sich in Empfehlungssysteme, in Medienbeiträge, in Content von Dritten und zunehmend in KI-Antwortmodelle.
Die AirOps-Analyse bringt diese Veränderung auf eine einfache, drastische Zahl: Nur etwa 13 Prozent aller Markennennungen stammen aus dem direkten Ökosystem eines Unternehmens. Der Rest entsteht dort, wo die Marke nicht selbst spricht. Wer nur im eigenen Kanal sendet, führt einen Monolog – und der Monolog dringt kaum mehr nach außen.
Für Unternehmerinnen, Selbstständige und Start-ups ist dieser Befund alles andere als abstrakt. Er berührt das Herzstück des Geschäfts: die Frage, ob ein Unternehmen überhaupt auf dem Radar potenzieller Kunden erscheint, bevor Entscheidungen fallen. Die eigene Website ist kein Schaufenster mehr, in dem sich alle Interessierten automatisch einfinden. Sie ist ein Büro, zu dem jemand erst eine Einladung erhalten muss – und diese Einladung formulieren oft andere.
„Ich sehe, dass viele Unternehmen noch im alten Paradigma operieren“, sagt René Reinisch, Geschäftsführer von RR Digital Solutions. „Sie glauben, wenn sie nur genug Content produzieren, entsteht Aufmerksamkeit von selbst. Doch ohne externe Erwähnung bleibt Content ein Geheimtipp – und Geheimtipps werden selten gekauft.“
Die Studie zeigt außerdem, dass knapp 90 Prozent der externen Erwähnungen aus vergleichenden Formaten entstehen: die beste Software, die innovativsten Anbieter, die wichtigsten Lösungen. Wer hier nicht vorkommt, existiert im Kopf der Zielgruppe nicht. Beneidenswerte Konkurrenz taucht auf diesen Listen plötzlich ganz selbstverständlich auf – nicht unbedingt, weil sie besser ist, sondern weil sie wahrgenommen wird.
Sichtbarkeit ist zum Wettbewerbsvorteil geworden, der den Takt vorgibt. Wer in den richtigen Kontexten genannt wird, verschiebt die Spielregeln seines Marktes. Unternehmen müssen daher verstehen, dass ihre Kommunikationsleistung erst dann Wirkung entfaltet, wenn sie den eigenen Raum verlässt.
Dabei geht es nicht um Lautstärke, sondern um Anschlussfähigkeit. Wer Inhalte produziert, die sich eignen, von anderen referenziert zu werden, erzeugt ein Netz von Begründungen, warum genau dieses Angebot Relevanz hat. Diese Logik zahlt auf Vertrauen ein – und Vertrauen verkauft immer.
Zukunftsfähige Marken entstehen dort, wo ihre Geschichte weitererzählt wird. Wer nur im eigenen Kanal redet, hilft auf Dauer nur sich selbst – aber nicht dem Geschäft.

