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Im Gespräch mit Manuel Cortez

Ajouré: Du lebst ja schon seit Langem in Berlin und bist so gesehen ein alter Hase in der Modebranche – somit hast du den modischen Wandel der Hauptstadt hautnah miterlebt. Wie würdest du diese Entwicklung beschreiben?

Manuel Cortez: Berlin war schon immer ein bisschen eigen. Als ich 1995 hergekommen bin, war von dem Style, den die Stadt heute hat, noch nicht viel zu sehen. Berlin stand eher für „keine Regeln“ – war verrückt, punkig. Customizing von alten Teilen war damals ein großes Thema. Mit der Zeit kam der Wandel – immer mehr Labels wurden hier gegründet oder kamen in die Stadt, Berlin wurde schicker und bot mit der Zeit eine viel größere Bandbreite. Generell finden heute sehr viele modische Aktivitäten, wie die Fashion Week, Mode-Messen oder Parties, in Berlin statt. Berlin hat nach wie vor einen unkonventionellen Charakter, was für mich den Stil der Stadt ausmacht.

Ajouré: Kann Berlin deiner Meinung nach mit internationalen Mode-Städten, wie New York oder London, mithalten – gerade auch auf Street Styles und Shopping-Möglichkeiten bezogen?

Manuel Cortez: Nein! Berlin hat coole Stores, ist aber bei Weitem nicht so vielfältig wie z.B. London. Selbst die großen Ketten, die es hier auch gibt, sind dort modischer und es gibt eine größere Auswahl. Obwohl Mitte und Prenzlauer Berg auch coole Läden zu bieten hat.

Ajouré: Hast du modische Vorbilder?

Manuel Cortez: Ich finde Hedi Slimane großartig, ebenso Lapo Elkann und Tom Ford. Ich mag die Abwechslung der Mode – manchmal ist mir eher nach Dandy Style, ein anderes Mal mag ich es lieber rockig oder bevorzuge dann doch einen coolen Streetstyle-Look. Generell bin ich aber ein großer Fan des Dandy Styles und mag es, wenn sich Männer pflegen, zurechtmachen, Hut und Krawatte tragen und Wert auf ihr Äußeres legen.
Manuel Cortez
Ajouré: Was sind deine Fashion-No-Gos bei Männern und Frauen?

Manuel Cortez: Ich finde, man kann tragen was einem gefällt, solange man es mit der richtigen Attitude trägt. Das einzige No-Go für mich ist, keinen Style zu haben – Leute, denen es total egal ist, wie sie herumlaufen und Mode nur praktisch sehen, damit sie nicht nackt durch die Straßen laufen müssen.

Ajouré: Du steht mit deiner Freundin Miyabi für die Styling-Doku „Schrankalarm“ vor der Kamera. Seid ihr euch, sowohl privat als auch beruflich, in modischer Hinsicht oft einig?

Manuel Cortez: Wir sind uns einig, dass wir uns uneinig sind. Privat lassen wir uns auch sehr in Ruhe, sei denn, ich frage sie – oder sie mich – gezielt, was besser aussieht, vor allem, wenn ich mal in Eile bin. Wir mögen unsere Styles, wir sind sehr eigen und individuell. Beruflich sehen wir es aus zwei verschiedenen Blickwinkeln. Ich bin ein Mann und sehe Frauen daher auch anders. Wir ergänzen uns und das schätze ich sehr.

Ajouré: Gestaltet es sich manchmal als schwierig, wenn man nicht nur privat ein Paar ist, sondern auch beruflich zusammenarbeitet?

Manuel Cortez: Ja, klar. Die Arbeit ist immer allgegenwärtig. Abschalten können wir auch nur, wenn wir tatsächlich aus Berlin raus sind und mal woanders hinfahren. Wir wohnen sozusagen in unserem Büro, unser Fundus ist in unserer Wohnung – die Arbeit ist also permanent da. Wir arbeiten und entwickeln zusammen, bauen gemeinsam Dinge auf, aber wir haben auch eigene Interessen, unabhängig von einander. Ich glaube, darin liegt auch das Geheimnis unserer Beziehung, dass wir einander auch in Ruhe lassen können und uns Freiräume geben.

Ajouré: Neben deiner Tätigkeit als Stylist beschäftigst du dich ja auch noch mit der Schauspielerei, Fotografie und du bist als Art Director tätig. Woher kommen deine Inspirationen, um immer wieder kreativ zu sein?

Manuel Cortez: Ich bin sehr neugierig und getrieben. Das Schlimmste für mich wäre nichts zu tun. Das, was ich gestern gemacht habe, interessiert mich nicht mehr. Ich lebe nur im Jetzt und in der Zukunft. Ich bin immer auf der Suche nach Neuem, nach Abenteuern – das treibt mich an.
Manuel Cortez Schrankalarm

 

Ajouré: Was macht dir davon tatsächlich am meisten Spaß?

Manuel Cortez: Das große Ganze! Die Vielfalt. Ich lebe so, wie das Leben ist – vielfältig. Wenn ich mir ein perfektes Jahr aussuchen könnte, dann bestünde es aus ein bis zwei Filmen oder Serien, aus einigen coolen Foto-und Video-Projekten, aus der Entwicklung kreativer Konzepte, aus Design und Hörbüchern. Ich bin happy, wenn ich mich überall verwirklichen kann.

Ajouré: Kommst du auch mal zu Ruhe?

Manuel Cortez: Selten. Ich arbeite an einer inneren Ruhe. Der Stress, der uns oftmals krank macht ist nicht der körperliche, sondern der seelische, mentale. Oft setzen wir uns selber unter Druck, weil wir denken, das war noch nicht genug oder weil wir uns mit anderen vergleichen. Wir sollten viel mehr Dinge allein aus der Freude heraus machen und nicht bereits abwägen, ob man damit überhaupt Erfolg haben wird.

Ajouré: Wie siehst Du die Rolle von Social Media-Kanälen, allen voran Instagram, wo jeder zum „Insta-Blogger“ werden kann, hinblicklich auf Mode? Ersetzen sie heutzutage gar Modemagazine?

Manuel Cortez: Es ist interessant, weil du aus der ganzen Welt einen Input bekommst. Die Selbstdarstellung auf Instagram hingegen geht mir auf die Nerven, weil es keine richtigen Inhalte hat, sondern oftmals nur um Kaffeebecher und Fingernägel geht und so trivial ist, weil es schon das zehnte Foto dieser Art in meinem Newsfeed ist. Oder alles ist perfekt durchgeplant, inszeniert und wird dann aber als „spontan entstanden“ dargestellt. Es wird vermittelt, es sei total easy so auszusehen, ständig zu reisen, sich auf Yachten oder an Pools zu sonnen und so einen Lebensstil zu führen. Das gaukelt vielen Menschen vor, ihr Leben sei Scheiße. Mir gefällt diese ganze Perfektion nicht und ich finde es auch unfassbar langweilig.

Ich glaube, ein Stück weit ersetzt es Magazine insofern, dass gerade junge Leser, die das Lesen von Zeitungen und Magazinen gar nicht mehr zelebrieren, sich nicht die Zeit nehmen, sich hinzusetzten, zu blättern und zu lesen. Heutzutage machst Du das von unterwegs – du brauchst nur noch ein Bild. Die Generation, die jetzt heranwächst, lernt es nicht, Inhalte zu generieren. Es wird vermittelt, dass du heutzutage eigentlich gar kein Talent mehr brauchst, sondern dich einfach nur gut selbstinszenieren und promoten musst, um erfolgreich zu sein. Was es bedeutet, jahrzehntelang als Künstler für seinen Erfolg zu arbeiten, inhaltlich niveauvoll etwas aufzubauen, weiß heutzutage kaum jemand. Aber das ist unsere Entwicklung der Zeit. Ich wünsche mir mehr Qualität – die gibt es, muss man aber suchen.

Ajouré: Hast du abschließend noch einen Styling-Tipp für unsere Leser?

Manuel Cortez: Ich gebe ungerne Tipps, dass man dieses und jenes gerade trägt. Was ich immer sage, auch meinen Kandidaten „Habt euch lieb und versucht das Beste aus euch zu machen – nicht für andere, sondern für euch. Denn ihr seid diejenigen, die jeden Tag in den Spiegel schauen müssen. Man kann nicht alles im Leben beeinflussen, aber wie man sich fühlt liegt in unserer Hand! Also geht raus, traut euch was und tut euch was Gutes!

 

Manuel Cortez
Foto: Chris Noltekuhlmann, Tobias Bojko

Ajouré MEN Redaktion
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